Rezension: Zinzi Clemmons. Was verloren geht

Von Catherine

 

Zinzi Clemmons erzählt in ihrem Roman Was verloren geht von Heimat, Liebe und Verlust.

Thandie, die Ich-Erzählerin in Clemmons’ Debüt Roman, wächst in zwei Welten auf. Da ist einmal die Ostküsten Stadt in den USA wo sie mit Mutter und Vater als eines von sehr wenigen schwarzen Kindern in einem reichen Vierteil aufwächst. Hier ist es schwierig, Anschluss zu finden – Thandie passt in keine Kategorie, wächst als schwarze Professorentochter in einer weißen Welt auf.

Aber auch im Herkunftsland ihrer Mutter, Südafrika, wo große Teile der Familie mütterlicherseits in einer gated community in Joahnnisburg leben, die Thandie mit ihren Eltern regelmäßig besucht, bleibt sie außen vor. Zu weit weg ist ihr amerikanischer Alltag von der durch Gewalt und Unsicherheit geprägten Lebensrealität ihrer Verwandten. Trotzdem fühlt sich sich Südafrika verbunden, nicht zuletzt weil die Herkunft ihrer Mutter von dieser ganz selbstverständlich gelebt wird – die Wohnung, in der Thandie aufwächst ist voller Dinge, die ihre Mutter aus Johannisburg mitgebracht hat und auch das Essen, das in der Familie auf den Tisch kommt, ist dezidiert südafrikanisches Essen.

Obwohl sie weder ihrer Heimatstadt in den USA noch in Johannisburg richtig dazugehört, kommt Thandie zurecht. Sie hat eine gute Freundin und nimmt die Sache mit dem Dazugehören nicht so schwer. Als sie die Schule beendet und die Stadt verlässt um zu studieren scheint kurz eine neue Ära angebrochen – eine Ära voller Gleichgesinnter und Seelenverwandter. Das stellt sich als Irrtum heraus, aber auch das ficht Thandie nicht an. Ihre Freundin aus Kindheitstagen ist da, das reicht. Thandie studiert und probiert das Leben aus. Dann wird ihre Mutter krank, Die Thandie kehrt zurück in ihre Heimatstadt, hilft dem Vater bei der Pflege und begleitet ihre Mutter schliesslich beim Sterben. Kurz darauf stürzt sie sich in eine neue Liebe, die relativ spät relativ grandios aber mit Ansage scheitert. Im Alltag mit einem kleinen Kind und beruflicher Verantwortung, getrieben von täglichem Sorgen und Versorgen verliert sich die Erinnerungen an ihre Mutter und was einst so omnipräsent und unauslöschbar schien, verblasst.

Clemmons reisst in ihrem Roman viele große Themen an. Das Erwachsenwerden zwischen allen Stühlen, der Umgang mit und Emanzipation von den eigenen Eltern, die ersten Schritte draußen in der Welt, das Angehen von Beziehungen und das Kinderhaben, postnatale Depression. Leider wird Clemmons diesen Themen nicht gerecht. Das mag am Stil liegen – Thandie, die Ich-Erzählerin schreibt fragmentarisch und skizziert in kurzen Kapiteln, die maximal einige Seiten umfassen, was Innen und Außen geschieht. Es liegt aber wohl auch an der Sprache – es finden wenige Bilder den Weg in Clemmons Text und es scheint, als wäre alles, was in „was verloren geht“ über Trauer und Erwachsenwerden schoneinmal geschrieben oder gesagt worden, und das besser. Weiter ist auch die Erzählerin keine Figur, die Gedanken erschöpfend behandelt – es finden sich kaum Reflexionen, wirkliches Durchdenken von Dingen, fast unbeteiligt passiert Thandie das Leben, Dinge fallen ineinander und sie beobachtet sie. Aber eben oberflächlich. Möglicherweise hat sich Clemmons einfach sehr viel vorgenommen und die etwa zweihunder Seiten reichen einfach nicht aus, um all die angesprochenen Themen zu besprechen oder auszuleuchten. Das ist schade. Und lässt die Leserin enttäuscht zurück.

 

Was außerdem ärgert: Im Klappentext zu einem Roman über eine Person, die ihre Identität zwischen Südafrika und den USA sucht, von der afrikanischen Mutter und dem New Yorker Vater der Autorin zu sprechen. Ein bisschen differenzierter hätte das ruhig sein dürfen.

 


Zinzi Clemmons: Was verloren geht. Ullstein Verlag.

Bild: Rechte beim Ullsteinverlag

Der Redaktion wurde vom Verlag ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt.

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