von Bintou
[Please find the English original version below]
Ob du es weißt oder nicht, FGM existiert, Menschen beschneiden ihre Töchter nach wie vor. Es handelt sich bei FGM (female genital mutilation) um die Beschneidung oder Entfernung der äußeren Geschlechtsorgane von Mädchen in jungen Jahren innerhalb unserer Communitys. FGM ist eine der grausamsten Praktiken gegen Mädchen und Frauen.
Ich bin ein Opfer von FGM, das nach wie vor die furchtbaren Schmerzen nicht vergessen kann, und ich leide noch immer unter dem Trauma dieses Prozesses.
Meine Familie versprach mir damals, dass ich ein Krokodil töten würde. Aber als ich an besagtem Ort ankam, widerfuhr mir Brutalität und Bluten. Meine privaten Körperteile wurden während des Prozesses von FGM beschnitten. Dann wurde ich versiegelt, damit ich keinen vorehelichen Sex haben konnte – so war ihre Mentalität. Sie bedeckten meine Augen mit einem dunklen Kleidungsstück, damit ich die Frau, die meinen Körper beschnitt, nicht sehen oder wiedererkennen konnte. Ich ging durch Schmerz und Bitterkeit. Ich blutete und weinte tagelang, aber niemand kam, um mich zu retten. Nicht einmal meine Großmutter konnte mich retten.
Das FGM-Trauma in mir gleicht einem Spiegel. Ich kann nicht still sitzen und meine Hände falten, während die Brutalität weitere Mädchen trifft. Viele Mädchen sterben aufgrund des Blutverlustes, der Infektionen oder der Schmerzen während des FGM-Prozesses. Für mich ist es wirklich furchtbar, wenn ich mir vorstelle, wie schmerzhaft es war und nach wie vor ist.

“Ich habe die Kultur des Schweigens gebrochen und ermutige nun jede Frau, die FGM erlebt hat, sich zu erheben.” Bintou Bojang
Trotz der aufrichtigen Bemühungen von vielen – warum beschneiden Frauen nach wie vor ihre (eigenen) Töchter im Namen der Kultur und der traditionellen Überzeugungen? Warum, fragte ich mich. Für jedes Problem kann es eine Lösung geben, wenn gemeinsame Anstrengungen gemacht werden. Und: Oh, ja, es gibt einen Ausweg! Einen Weg, unsere Mädchen vor dieser gefährlichen und bösen Praxis FGM zu beschützen: Ich habe die Kultur des Schweigens gebrochen. Nun ermutige ich jede Frau, die FGM erlebt hat, sich zu erheben und die Kultur des Schweigens auch zu brechen! Erheben wir unsere Stimme zur Welt, lasst uns die junge Generation vor dieser Praxis schützen.
FGM passiert nach wie vor im Geheimen. Auch in Europa.
Das ist meine Geschichte über FGM und das ist die Geschichte, warum ich das “Crocodile-Project” gegründet habe. Das erste Event, um eine Plattform zu schaffen, wurde im letzten Juni in Dortmund mit Unterstützung von “International Women Space” (Berlin), unserem sozialen Netzwerk in Dortmund wie AWO und TABU e.V. sowie internationalen Freund_innen, abgehalten. Wir starteten eine Bewegung gegen FGM-Praktiken im Geheimen innerhalb unserer Communitys. Wir wollen für die Akzeptanz unserer Schwestern kämpfen, die in Deutschland um Asyl ansuchen, um ihre Töchter vor FGM zu schützen, und medizinische Hilfe für die Opfer der grausamen Praxis bereitstellen. Wir unterstützen die Idee eines Präventionsprogrammes in Form von regelmäßigen medizinischen Kontrollen für unsere Töchter, die bei uns in Deutschland leben. Darüber hinaus haben wir viel zu tun, um alle Eltern, die in Deutschland leben, davon zu überzeugen, ihre Töchter nicht ins Ausland zu bringen, um sie dort zu beschneiden, oder davon, keine geheimen Akteur_innen hier aufzusuchen, um das Verbrechen von FGM an den Kindern zu begehen.
Wir wollen ein starkes Netzwerk aufbauen und hilfreiche Materialien, die Bewusstsein und Bildung schaffen, in afrikanische Länder schicken, in denen FGM nach wie vor praktiziert wird. Wir freuen uns über unsere Kooperation mit den medizinischen Expertinnen der
Aktion Regen in Österreich, die spezielle Materialien erstellen, damit alle Menschen in den Dörfern die Fakten verstehen. Besonders die Menschen an der Basis brauchen effektive Programme, die FGM als Praxis, die unsinnig und sehr gefährlich für ihre Frauen ist, verständlich machen.

Enough is enough! Banta Bojang vor einem Bild der Künstlerin Bruni Braun bei der Ausstellung “You&TABU with Art against FGM” 2013 im Museum Ostwall in Dortmund.
Warum sollen schwarzen Frauen weniger Rechte haben als weiße Frauen? FGM wurde längst zur Menschenrechtsangelegenheit erklärt. Es ist nicht der “Wille Gottes”, sondern unsere eigene Verantwortung, wenn wir unsere Kinder und Frauen leiden oder sterben lassen. Viele der Frauen haben kein Mitspracherecht in ihren eigenen Häusern, sie können nicht “Nein” zu FGM sagen, wegen der Gesellschaft, oder weil ihre Ehemänner sie sonst schlecht behandeln würden.
Lasst uns die Frauen stärken, indem wir ihnen starke und überzeugende Nachrichten senden, und anleiten, wie sie “Nein” zu Dingen sagen können, die sie betreffen, ohne Gewalt auszulösen. Wir müssen unseren Kampf gegen gefährliche traditionelle Praktiken noch klüger und stärker machen. Alle Mädchen und Frauen, die die grauenvolle Behandlung durch FGM verweigern, sollen den Schutz erhalten, den sie suchen. Jegliches Gemetzel an Kindern muss gestoppt werden!
Bintou Bojang ist 22 Jahre alt und Gründerin des “Crocodile-Project“. Sie lebt in Deutschland. Geboren und aufgewachsen ist sie innerhalb einer traditionellen Mandinka-Gemeinschaft im westlichen Teil von Gambia.
Erschienen in: Editorial: utopien
Fotos: Bintou Bojang & TABU e.V.
Übersetzung: Cornelia/umstandslos
Aktueller Spendenaufruf des “Crocodile Project”: Please support Bintou Bojang’s journey to Dakar, Senegal in June 2016 (Karawane Event by Raid the Gambia). The founder of “The crocodile-project” already have been there for an Anti-FGM-Demonstration in May 2015. Please join us also for increased funding for educational and protectional programmes which can prevent girls from being mutilated, and forced into early marriage! You can use the account of Tabu e.V. (Spendenkonto 211 014 164 – BLZ 440 501 99 | SPARKASSE Dortmund | BIC: DORTDE33 | IBAN: DE73 440 501 99 0211 0141 64), and get a receipt for your donation. Please don’t forget to write clearly your name & address and – very important – use the word “crocodile” on your bankslip. Or donate via Betterplace.
Englische Originalfassung
Whether you know it or not, FGM is still existing, people are still doing it to their daughters. It is the cutting or removal of the genital parts of girls’ bodies at their innocent age in our communities. And FGM happens to be one of the most cruel practices against girls and women.
I am a victim of FGM who still can’t forget the terrible pains, and I still suffer from trauma of this process.
My family promised me that I was going to kill a crocodile. But when I went there, it was brutality and bleeding that I experienced. My private part was cut by my people during the process of the female genital mutilation. I was sealed not to be able to have sex with a man until I got married – that was their mentality. They covered my eyes with a dark-coloured cloth that I couldn’t see or recognise the woman who cut my body. It was only pain and bitterness that i went through. I bled and cried for many days, but there was nobody to rescue me. Even my grandmother could not rescue me.
The FGM trauma inside myself always appears to me like a mirror. I cannot sit and fold my hands to let this brutality continue affecting our girls. Many girls die during the process because of bleeding, infection, and pain. For me, it is really terrible to imagine how painful it was and still is.
Despite the sincere efforts of many, why do women still cut their (own) daugthers in the name of culture and traditional believes? I asked myself why. To any problem there can be a solution, if collective efforts are put together. And: Oh yes, there is a way out! A way to protect our girls from this harmful and wicked practice, the so called FGM: I have broken the calabash, the culture of silence. Now I encourage every woman who have undergone FGM to rise and break the culture of silence too! Let’s speak out to the world, let us save the young generation from this practice.
This happens still in secret. In Europe as well.
That’s my story about FGM and that’s the story why I have founded the “Crocodile-Project”. The first event to create a platform was held last June in Dortmund with support of International Women Space (Berlin), as well as our social network in Dortmund like AWO and TABU e.V., and international friends. We launched a movement against secretly done FGM practices in our communities. We want to struggle for the acceptance of our sisters who seek asylum in Germany to protect their daughters from FGM, and get medical help for the victims of the cruel practice. We support the idea of a program of prevention (regular medical control) for our daughters who stay with us in Germany. We also have still a lot to do to convince all parents who stay in Germany not to bring their daughters abroad to get cut or use secret actors right here to do the criminal act of FGM.
We want to build up a strong network, and send helpful materials creating awareness and education to African countries where FGM is practiced. We are happy to cooperate with the medical experts of Aktion Regen in Austria who create special tools to make people in villages understand the facts. Especially the people on grassroot-level need effective tools to understand FGM as a practice which is senseless and very harmful to their women.
Why should black women have less rights than white women? FGM has already been declared as a Human Right Issue. It is not the “will of God” but our own responsibility when we make our children and women suffering or even die. Many of the women are voiceless in their own homes, they can’t say “no” to FGM yet because of the society or because their husbands will maltreat them.
Let’s empower the women by sending them a strong and powerful message, and advice them how to say “no” to things that affect them without creating violence. We have to make our fight against harmful traditional practices still smarter and stronger. All girls and women who refuse this horrible treatment of FGM shall get the protection they seek. All butchery of children must stop!
[…] schreibt bei umstandslos über FGM (female genital mutilation). Das war hiermit eine Trigger […]