von Karin
Als junges Mädchen nahm ich mit befremdlichem Gefühl wahr: meine Mama und ihre Freundinnen haben eine Idee über das Zusammenleben von Mann und Frau, die für mich nicht passt. Ich will weder seine Hemden bügeln, noch ihn täglich bekochen. Warum mir die wohl gemeinten RatSCHLÄGE der besorgten Frauen in meinem Leben so merkwürdig und schlicht und einfach völlig unpassend vorkamen, wusste ich damals nicht. Vom Feminismus hatte ich keinerlei Ahnung. Ich hatte auch in den darauf folgenden Jahren nie darüber nachgedacht, ob ich mich als Feministin wahrgenommen habe. Es war von Beginn an etwas völlig Logisches, so zu denken wie ich denke. Nach und nach probierte ich verschiedenste Beziehungsmöglichkeiten aus. Neugierig versuchte ich mich auch in dem traditionellen Frauenbild. Wenig erfolgreich, wie ich feststellte. Mit meinem Mann gestaltete sich das recht entspannt. Als ich mit unserer Tochter schwanger wurde, standen wir vor einer neuen Herausforderung. Ihm kam nicht in den Sinn, dass wir uns die Carearbeit aufteilen würden. War er es doch, der einen Vollzeitjob hatte und ich es, die noch studierte. Einige Diskussionen später reduzierte er seinen Job auf 25 Stunden pro Woche und ich ging nach 5 Monaten Babypause wieder auf die Uni. Wir näherten uns der gleichberechtigten Aufteilung der Carearbeit an. Immer noch übernahm ich jedoch mehr davon. Immer wieder suchte ich das Gespräch, die Diskussion. Versuchte zu erklären, vor allem die unsichtbare Carearbeit wollte ich mit ihm teilen. Wir versuchten weiter. Dann landete ich im Klischee. Mann arbeitete wieder Vollzeit und ich versuchte in der Betreuungszeit unseres Kindes zu studieren. Damit waren wir beide sehr unglücklich. Mein Mann vermisste die gemeinsame Zeit mit unserer Tochter und ich merkte bald, dass ich so nicht leben wollte. Mein Mann versuchte immer eine Lösung zu finden, damit er mehr übernehmen konnte. Es war völliges Neuland für uns. Mir fehlten sogar die sprachlichen Möglichkeiten zu erklären, worum es mir ging. Was war diese unsichtbare Carearbeit? Hinzu kam, dass wir beide lange Zeit Angst hatten seinen “sicheren” Job zu verlieren. Bis ich vor zwei Jahren mit unserem Sohn schwanger wurde und damit ein neuer Schwung in unser Leben kam. Mein Mann ging in Bildungskarenz und macht sich gerade selbstständig. Aktuell arbeiten wir beide, beide haben ihre Projekte, beide haben ihre Freizeit. Beide kümmern sich in gleichen Maßen um Haushalt und Kinder. Und ja, es klappt im Moment sehr gut mit “Hälfte/ Hälfte”. Im Moment deshalb, weil wir uns gerade in einer Art “Zwischenzeit” befinden. Noch ist mein Mann in einem Unternehmerprogramm, noch bekomme ich Beihilfen. Noch ist alles ein bisschen utopisch schön und wir sprießen vor Ideen und Kreativität. Es wird anders werden, wenn wieder die Existenzangst im Nacken sitzt. Dann mit zwei Kindern, teurerer Wohnung, weniger Sicherheit. Aber deshalb zurück zur gewohnten Sicherheit und ins alte Rollenklischee?? Nicht wenn wir’s verhindern können. Die Beziehung zueinander und zu den Kindern ist so tief und wunderbar geworden, dafür könnte ich wahrscheinlich auf einiges andere verzichten. Wir haben viele Freiheiten heute, jedoch einfach ist es nicht. Oft haben wir kaum einen Abend gemeinsam, übergeben dem anderen nur schnell die Kinder und sind wieder am Sprung. Arbeiten viel abends und zwischendurch-nebenbei. Die Kinder schwimmen so mit. Mal mehr im Mittelpunkt, mal weniger. Es fällt schwer eine Balance zwischen all dem was wir so machen zu finden. Wenn ich voller Freude mit neuen Ideen für mehr Zeit für mich, mehr Zeit für uns als Paar erblühe, wird am nächsten Tag mit Sicherheit Kind oder Elter krank. Oder irgendeine andere größere oder kleinere Krise plagt uns. Oder ein Termin, ein wichtiges To Do, das ich nicht mitbedacht habe. Irgendwas ist immer, sagt mein Mann.
Es wird leichter, denk ich mir dann – die Kinder werden größer, jetzt braucht vor allem der Kleine noch viel. Es fehlt uns an Vorbildern. Ich fühle mich manchmal ganz schön allein mit unserem Lebensmodell. Hierbei hilft mir zu sehen, dass wir unseren Kindern einen Weg ebnen. Sie wachsen mit Eltern auf, die sich ihrer Verantwortung ihnen und einander gegenüber zu 100% bewusst sind. Ich wünsche mir, dass sie das bestärkt in ihrem Heranwachsen und es Ihnen leichter fällt ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
Wenn es hier abends ruhig wird, spüre ich eine unsagbare Zufriedenheit. Nein, nichts hier ist perfekt, aber es ist echt wir!
Karin Schnedlitz ist 1985 geboren, Sozialpädagogin, Studentin der Erwachsenenbildung (demnächst auch Gender Studies), angehende Projektentwicklerin eines Kunstprojektes, Mama von einer Tochter (2010) und einem Sohn (2014) verheiratet mit dem Vater der Kinder, Cis, hetero, weiß, able bodied.
Beitrag erschienen in: utopien.
Beitragbild: via flickr (c) Kat Stan CC BY-NC-ND 2.0
Es freut mich zu hören, dass es auch bei anderen mit der Aufteilung der Care-Arbeit klappt. Ja es ist nicht perfekt und es ist immer wieder schwer die richtige Balance zu finden und zu halten aber das gehört dazu und ist gut so. Nur so können wir uns als Familie weiterentwickeln. Wir – Eltern zweier Töchter (2012 & 2015) – arbeiten beide Teilzeit und teilen uns die Care-Arbeit auf. Mittlerweile haben wir es sogar geschafft uns so zu organisieren, dass wir die Wochenenden zu Viert verbringen können. Für uns ist das Teilzeitarbeiten keine es-muss-halt-sein Übergangslösung, uns ist beiden klar, dass wir sowohl Zeit für unsere Kinder als auch für die Erwerbsarbeit haben wollen.
Danke für deinen persönlichen Kommentar. Ich freu mich auch immer wieder wenn ich von MitstreiterInnen höre/lese. Wir müssen mehr über gleichberechtigte Elternschaft sprechen!