Wochenfluss. Ein Erfahrungsbericht

von Anna Lisa 

Das mit dem Wochenfluss begegnete mir etwa in der Mitte der ersten Schwangerschaft und ich musste erst mal schlucken. Ich war bis dahin nie in Begeisterungsstürme ausgebrochen, wenn es um Menstruation ging und die Aussicht auf eine starke, lang andauernde Blutung fand ich eher mittelmäßig gut. Eigentlich logisch, dass das alles irgendwohin muss, aber muss das so lange dauern (laut Wikipedia 2-5 Wochen). Ich hoffte auf zwei kurze Wochen.

Ich hatte mich auf so ziemlich alles (dachte ich jedenfalls) vorbereitet. Naja, das heißt, ich habe Google befragt, mich durch Mütterforen gewühlt und mit den wenigen Frauen in meinem Umfeld gesprochen, die tatsächlich schon Kinder hatten. Ich war vorbereitet auf Babyblues in den ersten Tagen nach der Entbindung, auf mögliche Brustentzündungen, fürchterliche Blähungen und Neugeborenenakne. Auf den Wochenfluss allerdings habe ich dann doch wieder vergessen. Bis er da war.

In den ersten Tagen war ich überrascht, wie viel Blut da aus mir heraus floss. Überhaupt wunderte ich mich, wie viel und wie viele verschiedene Flüssigkeiten da plötzlich aus allen Körperöffnungen kamen: Unkontrollierter Milchfluss, Schweissausbrüche aus bisher unbekannten Poren, ständiges Pinkeln, das die häufigen Klobesuche während der letzten Schwangerschaftswochen vollkommen in den Schatten stellte. Ich saftelte also vor mich hin und fühlte mich dabei recht unbehaglich.

Die Krankenschwestern fragten, ob mein Wochenfluss “normal” sei. Woher ich das als frisch gebackene Erstlingsmama wissen sollte? Ich hatte nicht das Gefühl literweise Blut zu verlieren, es stank nicht nach innerer Verwesung…also nahm ich mal an, dass das schon in Ordnung war so. Bei der Entlassung nahm ich einen Stapel Vorlagen mit. Die dicken, saugfähigen Dinger, von denen ich mir trotzdem immer zwei in das Netzhöschen stopfen musste, um nicht alles anzubluten (der Stapel reichte natürlich nur für wenige Tage und ich musste meine Mutter einkaufen schicken).

Nach zwei Wochen war plötzlich Schluss mit dem Wochenfluss. Ich freute mich – da lief ja doch etwas so, wie ich mir das erhofft hatte. Zwei Tage später schoss plötzlich ein Schwall Blut aus mir heraus, ich hinterließ eine Pfütze in der Küche und eine Blutspur bis ins Klo. Mit dem erneuten Losbrechen des Wochenflusses kamen auch die negativen Gefühle, auf die ich mich so vorbereitet hatte und die bis zu diesem Zeitpunkt völlig ausgeblieben waren. Mir war elend zumute. Als wäre ein Damm in mir gebrochen und hätte nicht nur das Blut, sondern auch die Emotionen und Tränen zum Fließen gebracht. Ich dachte über Selbstverletzung nach. Ein bisschen auch darüber, wie es wäre vom Balkon zu hüpfen.
Nach etwa einer Woche bekam ich von meiner Ärztin eine Akupunktur, die meine Hormone etwas gleich richten sollte und das miese Gefühl wurde tatsächlich geringer (nach der zweiten Schwangerschaft verlief es übrigens ganz gleich: Wochenflusspause nach zwei Wochen und dazu ein emotionales Tief. Diesmal war ich aber wirklich darauf vorbereitet.)

Ich hätte den Wochenfluss vielleicht eher als eine Zeit des Abschlusses oder der Reinigung sehen sollen, aber ich fand ihn einfach nur nervig. Eigentlich hätte ich gern meinen Körper – so wie Ich ihn kannte oder zumindest ähnlich – zurück gehabt, aber das geht natürlich nicht über Nacht. Ich fand es nervig mit Unterwäsche zu schlafen. Im BH die Stilleinlagen, die nachts sowieso ausliefen, weil ich irgendwie falsch lag und meine Brust zusammen quetschte, und in der Unterhose die lästigen Binden. Dazu ständig ein schreiendes Baby auf mir, das zweite Kind verbrachte zusätzlich auch fast den ganzen Tag im Tragetuch. Ich fühlte mich von den Bündchen, Riemen, Trägern und Schnallen eingeschnürt wie ein Paket. Ich kann mich an den Tag erinnern, als ich endlich ohne Unterhose in meine Jogginghose schlüpfte und wieder dieses “gemütlich daheim” Gefühl hatte. Da war ich angekommen. Noch nicht ganz in der Mutterrolle, aber zumindest in meinem Körper, den ich wieder allein bewohnte und der nicht mehr davon floss wie ein Eis in der Sonne.


Beitragsbild
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Beitrag erschienen in: Im Fluss

5 Replies to “Wochenfluss. Ein Erfahrungsbericht”

  1. großartiger Text. Meine Erfahrungen mit Wochenfluss sind zwar so unspektakulär, dass ich sie schon vergessen hab, aber in den Paketvergleich kann ich mich sehr gut einfühlen.

  2. Katharina sagt:

    Nach der Fehlgeburt mit Ausschabung hatte ich schon eine entferne Ahnung, wie der Wochenfluss ausfallen könnte – aber die Klumpen, die da in den Tagen nach dem Kaiserschnitt aus mir herausplumpsten, auf die war ich sowas von nicht vorbereitet, dass ich jedesmal Panik schob und die Hebamme rief, um ihr das Zeug zu zeigen.
    Meine Mutter hatte mir übrigens vieles erzählt, was im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt stand, aber DAVON überhaupt nichts. Einfach totgeschwiegen. Ich könnte sie mal fragen, warum.

  3. Kathrin sagt:

    Ja das Blut ist ein Tabu… und von den Netzhöschen hab ich davor auch noch nie was gehört. und so dicke Einlagen und und und… Es wird geschwiegen. zur Zeit bin ich dran das Gefühl Ekel und Scham zu erforschen, denn diese zwei Kolleginnen empfinde ich immer wieder mal mit dem GebärmutterBlut.
    und ich mein da ist ein Kind daraus entsprungen, dass ist lebensspendendes Blut, dass will ich nicht ablehnen.

  4. Ja das Blut ist ein Tabu… und von den Netzhöschen hab ich davor auch noch nie was gehört. und so dicke Einlagen und und und… Es wird geschwiegen. zur Zeit bin ich dran das Gefühl Ekel und Scham zu erforschen, denn diese zwei Kolleginnen empfinde ich immer wieder mal mit dem GebärmutterBlut.
    und ich mein da ist ein Kind daraus entsprungen, dass ist lebensspendendes Blut, dass will ich nicht ablehnen.

  5. liapolis sagt:

    Danke für diese Text, darüber sollte viel mehr geredet werden: Bei mir war es ganz ähnlich: während der Schwangerschaft mit Entsetzen vom Wochenfluss gehört, es dann aber wieder verdrängt und mir eher über Babyblues den Kopf zerbrochen. Entsprechend der Krankenhaus Liste Einlagen einzukaufen versucht, keine gefunden und dann Binden gekauft. Die waren parfümiert, was ich nach der Geburt aber mega unangenehm fand, weshalb mein Mann auch noch mehrfach in die Drogerie gepilgert ist. Überhaupt haben wir für meinen Wochenfluss sehr viele Fehlkäufe getätigt und nachher haufenweise Binden, Einmalunterhosen und Erwachsenenwindeln unbenutzt weggeworfen. Ich musste erst rausfinden, dass so luftig wie möglich sich für mich am besten anfühlte und mit welchem Material ich das hinkriege. Einmal kam bei mir auch so ein schwammiger Klumpen halb geronnenes Blut, das hat mich auch erschreckt.
    Das Nachdenken über den Wochenfluss erinnert mich daran, dass ich auf all das Körperliche im Wochenbett gar nicht vorbereitet war, ich hatte mit Überforderung, Schlafmangel und Depressionsähnlichem gerechnet aber eben nicht mit so viel Blut, geschwollenen, schmerzenden Schamlippen, einer schmerzenden Dammnaht, den Schmerzen beim Pinkeln und v.a. Kacken, aufreißenden, blutenden Hämorrhoiden, dem schmerzenden Steißbein und einem allgemeinen Schwächegefuhl bzw. Schwindel.

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