Hausarbeitsaufteilungs-Grabenkämpfe vs. weglassen/delegieren/zusammenrücken

von Katja

4 Wochen hat es gedauert. Gerade einmal 4 Wochen nach der Geburt unseres Sohnes war ich soweit, mir einen Beziehungsratgeber aus dem Eltern-Kind-Zentrum mitzunehmen. Ich hätte mir das vorher nicht so ausgemalt, bin ja schließlich Feministin, wir teilen uns den Haushalt und ich verdien’ sogar noch ein paar größere Brötchen, aber trotzdem 4 Wochen nach der Geburt unseres Kindes war irgendwie klar: Traditionelle Geschlechterrollen here we come. Als ich in dem Buch blätterte fand ich Passagen geschrieben aus der Perspektive der Frau, die sich zu Hause mit Neugeborenen abmüht und dem Mann, der sich in die Arbeit flüchtet. Sowas fand ich immer recht plakativ und blöd. Aber in unserem Fall traf das ziemlich zu. Statt Hausgeburt war bei mir Kaiserschnittblues angesagt. Statt Wochenbett zu Hause verbrachte ich gleich mal 5 Tage in der Klinik und genoss sie, ganz ehrlich. Es gab genug zu essen (und ich hatte unglaublichen Hunger) und die Amtswege erledigten sich praktisch von selbst, weil der Behördenmensch zu uns ins Zimmer kam. Der Vater meines Sohnes ging deshalb weiter arbeiten und kam abends vorbei. Eine Stunde Fahrtzeit. Die beiden hatten die ersten Minuten miteinander verbracht, aber jetzt war er tagsüber wieder der, der er vorher war. Es flashte ihn immer wieder aufs Neue: OMG, ich hab ein Kind!

Als ich dann in den eigenen vier Wänden einkehrte, nahm er Pflegeurlaub. Wochenbett hatte ich mir irgendwie bettlägrig vorgestellt. Das war ich irgendwie nicht, freute mich über die erwachenden Energien und putzte ein bisschen hier, ein bisschen da. Der Partner dachte sich, naja, dann braucht sie mich eh nicht, wenn’s ihr wieder gut geht und zockte ein bisschen. Den Pflegeurlaub hätten wir uns ehrlich sparen können. Ich wurde zumindest nicht gepflegt. Und wenn ich nicht irgendwas im Haushalt herumkrampelte oder mich mit dem Baby verausgabte, heulte ich. Das Übliche.

Als ich aber nach 4 Wochen ein paar brauchbare Seiten in diesem Ratgeber fand, begannen wir endlich ein konstruktives Gespräch. Bislang hatte keine/r von uns verstanden, was sich da im Leben des/der anderen gerade abspielte. Hilflos waren wir irgendwie beide. Niemand in unserer Situation. Die Sonne schien uns nicht gerade aus dem Arsch. In dem Buch war auch eine Liste zu finden. Aufgabe war es, die aufgelisteten Tätigkeiten zuzuweisen – wer momentan grad was macht. Und welch Wunder – bei mir lag erstens der Hauptanteil und geschlechterrollentypisch war’s auch noch. Na super. Und dabei war es nicht so, dass wir uns die Hausarbeit nicht genauso weiterhin aufgeteilt hätten. Mein Partner kochte sogar immer für uns vor, weil ich das irgendwie unmöglich fand, auch noch zu bewerkstelligen. Kalt würde sowieso gegessen. – Viel mehr war es die organisatorische Fizzelarbeit, die unser Leben zusammenhielt. Das daran denken, wer wann Geburtstag hat, das sich zuständig fühlen für Geschenke für verwandte Nichten und Neffen. Bislang hatte ich diesen Part ignoriert, weil es ja seine Familie ist. Doch seit dauernd Geschenke vom anderen Ende Österreichs für uns eintrudelten, hatte ich doch das Gefühl, auch mal schicken zu müssen. (Kleiner Nachtrag: Unser Kind ist nun 1,5 Jahre alt. Diese Weihnachten hab ich mir mal den Geburtstagskalender der Schwiegermutter zur Brust genommen und die Daten aller notiert.)

Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, ob es nach dieser Erkenntnis „Shit: Geschlechterrollen“ besser wurde. Wir haben unsere Putzmodalitäten sicher noch mindestens zehnmal inzwischen umgestellt (nicht wer was macht, sondern wann es gemacht wird). Seit unser Kind die Krippe besucht, haben wir für den Haushalt noch weniger Bock und Zeit, weil das Leben nur noch aus Organisation der Arbeitszeiten, Hol- und Bringverantwortlichen besteht. Wir tragen uns ernsthaft mit dem Gedanken einer Reinigungskraft. Ich hab da irgendwie ein schlechtes Gewissen. Wegen Auslagerung klassisch weiblicher Tätigkeiten, Femigration und so.

Noch immer spiele ich die Mutter, die Hauptverantwortliche. Oder wieder. Sein halbes Jahr Karenz war da anders. Spiel mit umgekehrten Vorzeichen und ich hackle ordentlich mal rein. Plus Masterarbeit. (Wir haben ein schlafendes Kind). Und dann Krippe und Eingewöhnung und auf einmal bin ich wieder Mama. Oder mehr. Oder auch irgendwie Alleinerzieherin mit Kind. Der Kindesvater in der Ausbildung. Zwar schwänzt er ein paar Mal, damit ich logistisch entlastet bin, aber das ist auch keine Dauerlösung. Eine dritte Person, die uns das Holen abnimmt ist im Gespräch. Nur: Wie wenig Zeit will ich mit meinem Kind eigentlich noch verbringen? Das ist kein Gegen-die-Krippe-Ding, überhaupt nicht. Die Krippe ist spitze, mein Kind liebt sie. Nur: Wo bleibt die Familienzeit? Unsere traditionellen Rollen lösen sich langsam in Luft auf. Der Haushalt bleibt liegen, gekocht wird abwechselnd oder zusammen, bei erreichter Schmerzgrenze wird geputzt. So war der Herbst. Alle sind wir ca. gleich lang außer Haus, alle abends müde. Sehnen uns nach einander. Das Wochenende wollen wir auch nicht mit putzen und Wäsche waschen verbringen. Alles rückt näher zusammen. Mittlerweile überlegen wir sogar schon unsre Konten zusammen zu legen. Sparkonten können wir eh trotzdem haben. Aber einfach weil uns die Zeit zu schade geworden ist, sie mit Haushaltsabrechnungen zu verbringen, die bei unsrem kleinen Budget notwendig sind. Ewig diese Hin- und Herüberweiserei, die Kosten die dadurch entstehen, dieses Gegenrechnen, wenn mal der/die andere die Lebensmittel kauft oder Rechnungen für den Kleinen zahlt.

Für die Masterarbeit musste ich ein paar Texte zur Entwicklung der Hausarbeit lesen/lernen. Auch über den Vergleich individualisiertes und traditionelles Millieu. Mittlerweile finde ich letzteres gar nicht mal so schlecht. Blöd nur, wenn im akademischen Stadtleben die Männer-Bereiche abhanden kommen. Ohne Rasenmähen, Reparaturarbeiten, Autoschrauberei und Co. sieht es auf seiner Seite gemütlich, auf meiner heftig aus. Bloß das Schöne am tradtionellen Millieu ist, dass alle vollen Einsatz geben und über ihre Zuständigkeiten Bescheid wissen. Bei den individualisiert lebenden Menschen – und wir zählen uns da mal dazu – wird alles ausverhandelt: Wird es gemacht? Wer macht’s? Was genau wird da gemacht? Wann wird das gemacht? Das ist anstrengend auf Dauer. Es nervt mich. Die Person mit höheren Ansprüchen oder der das ganze generell zugeschrieben wird, ist immer die Blöde, außer sie hat eine sehr hohe Toleranzgrenze und was mit dem Kind passiert ist ihr gänzlich wurscht. Aber da zähl ich mich mal nicht dazu. Insofern, ich weiß auch nicht: Reinigungskraft und gemeinsames Konto – und dafür ganz, ganz viel gemeinsame Zeit?

Beitragsbild © Tiffany Terry

Beitrag erschienen in: Beziehungsweise

7 Replies to “Hausarbeitsaufteilungs-Grabenkämpfe vs. weglassen/delegieren/zusammenrücken”

  1. Liebe Katja, danke für diesen Text. Hast du zufällig die Liste mit den Tätigkeiten aus dem Ratgeber noch? Die fände ich sehr interessant!
    Sehr vieles kommt mir jedenfalls auch sehr bekannt vor. Wir (heterosexuelle Partnerschaft, nicht verheiratet) haben so unendlich viel ausverhandelt und tun das noch immer. Die ganze Energie, die da reinfließt, ist wirklich unglaublich! Aber ich denke es funktioniert mittlerweile OK gut. Wir haben eine Reinigungskraft, die alle zwei Wochen 2-3 Stunden putzt (das geht sich finanziell gut aus und bewahrt die Wohnung vorm Untergang – ehrlicherweise haben wir selber früher viel weniger geputzt). Wäsche macht jede_r für sich (des Kindes Wäsche wird mitgewaschen, aber nicht gebügelt). Einkaufen und Kochen übernehmen wir mehr oder weniger unabgesprochen phasenweise einzeln (regelmäßiger Diskussionpunkt!). Ich verbringe mehr Zeit mit dem Kind, dafür ist die tagsüber Babysitterin-Zeit für meine Freizeit gedacht (leider allzu oft Arbeitszeit). Jede_r hat einen fixen Abend pro Woche zur freien Verfügung. Die Geldproblematik haben wir sehr kompliziert, aber wie ich finde im Endeffekt praktisch und fair gelöst (jede_r spart monatlich gleich viel an – zur eigenen verfügung/teure jacke/neues rad/kurzurlaub, es gibt ein “familienansparen” – für größere ausgaben und wenn’s knapp wird, jede_r hat ein weiterhin das eigene konto, auf dem per dauerauftrag genau berechnet monatlich beträge hin- und her überwiesen werden, so dass jede_r die finanziellen pflichten gut abdecken kann. im notfall wird geld vom familienkonto nachüberwiesen. aber damit sparen wir die zerfitzelte abrechner-gegenrechnerei.). Tatsächlich finde ich, dass all das gemeinsame Zeit gebracht hat. Der Alltag fühlt sich aber nichtsdestotrotz angefüllt und vollgestopft an :/

  2. krachbumm sagt:

    Ja ich hab die Liste noch! Schlecht eingescannt aber immerhin. Schick ich dir gerne. – vollgestopft und angefüllt – das trifft es ziemlich. Die Reinigungskraft war schon 2x da. Schön war’s. Letztens waren wir in der Zwischenzeit einfach gemütlich mal spazieren. War schon ewig her.

  3. Neeva sagt:

    Also diese Liste würde mich auch sehr interessieren. Ich bin in einer ähnlichen Situation, Kind 1,5 und seit einem halben Jahr arbeiten wir beide wieder Vollzeit und seit ein paar Monaten haben wir eine nette Polin, die alle zwei Wochen die Wohnung putzt.
    Dialog heute morgen:
    Mein Freund: “Du hast ja gestern noch aufgeräumt!”
    Ich: “Ja, weil heute die Putzfrau kommt.”
    Er: “Hab ich gar nicht gemerkt.”
    Ich: “Während du auf der Couch gesessen hast.”
    Mein Hauptproblem ist auch das Planen und Organisieren. Ich überlege ernsthaft, meinen Freund mal plakativ vor die Wahl zu stellen, entweder grundsätzlich mitzudenken oder grundsätzlich zu machen was ich sage, wenn ich es sage. Wird vermutlich nicht klappen.

  4. Kathi sagt:

    Hm, das ist wohl so ein typischer Zeitpunkt, wenn das Kind 1,5 ist, in die Krippe/ zur Tagesmutter geht, die Mama-Rolle langsam bekannt und, obwohl auch schön, dann mal genug ist. Dann wird mit dem_r Partner_in nachverhandelt, neuverhandelt.
    Ich habe gerade wieder zu arbeiten begonnen. Meine Arbeitszeiten bedingen, dass ich unser Kind bringen, aber nicht von der Tagesmutter holen kann. Das macht mein Partner. Effekt: nach ein bisschen heulen, weil ich mein Kind nicht so lange hergeben wollte, fühle ich mich wohl, habe das Gefühl, wir teilen uns die Kinderbetreuung ziemlich 50:50 und haben auch gemeinsame Zeit zu dritt. Er sagt, er hat wieder viel mehr Zeit mit unserem Kind, das Gefühl, die Beziehung zwischen ihm und Kind sei wieder intensiver und besser und er sei happy. Das einzige, was leidet, ist sein Arbeitspensum. Selbständig. Da bleibt jetzt mehr liegen als zuvor. Finde ich ok. Tatsächlich wird es heißen, dass er nachts/abends/am Wochenende arbeiten muss.
    Geputzt haben wir die ganze Woche noch nicht. Wir waren auch alle kaum daheim. Heute habe ich frei und einen Großputz vor. Keine Lust, aber irgendwer muss putzen und irgendwer muss Geld heimbringen. Zufrieden? noch nicht. Mit mehr arbeiten und fixeren Zeiten geht sich irgendwie nichts mehr so aus, wie gewünscht.
    Wir essen zum Beispiel jetzt auch am Nachmittag warm. Das Kind ist zu Mittag schon zu müde zum Essen bei der Tagesmutter, ich verdrücke in der Arbeit schnell ein Brot. Bis am Abend ist es dann zu lange. Also wird am Nachmittag gekocht. Neu, aber nicht schlecht.
    Und an die Geburtstage anderer Leute habe ich, ehrlich gesagt, schon länger nicht gedacht. Oder gedacht, aber nichts geschickt. Das ist sehr schade, aber ging sich schon ewig nicht mehr aus. Wenn sich das alles plus Termine plus auch noch Zeit für mich, geschweigedenn Partnerschaft und genug Schlaf ausgehen soll, brauche ich ein extrem hohes Maß an Disziplin und müsste mich dauernd zum Weitermachen ermahnen. Ich finde aber, dass spontanes Handeln und im Moment sein so viel mehr wert ist, dass ich nicht alles vor- und verplanen will. Da geht mir echt die Lebendigkeit und der Spaß verloren.
    Ich frage mich dann auch, was ich für eine Mama sein möchte. Im Sinn von “was will ich meinem Kind vorleben”?

  5. Kathi sagt:

    PS: ich hab vergessen zu fragen: könntest du mir eventuell auch die Liste schicken? die würde mich auch sehr interessieren.

  6. Sabine sagt:

    Gibt es den Ratgeber vllt auch online? 🙂
    Ansonsten würde ich mich auch für die Liste interessieren.
    Toller Artikel und sooo wahr.

  7. krachbumm sagt:

    Liebe Sabine, der Ratgeber ist uralt. Ich weiß nicht mal mehr den Titel. Ist doch schon ein Zeiterl her. Aber ich hab der Redaktion die eingescannte Liste geschickt. Einfach melden, falls sie bei dir nicht ankommt.
    Und: Vielen Dank fürs Feedback 😉

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