Einmal Mutter, immer Mutter?

MuttermythenSommer Edition

von Cornelia
 
Das kommt mit der Geburt, hat es geheißen.
Das.
Die Opferbereitschaft? Die Liebe und Fürsorge? Das Elternwissen? Das Verantwortungsbewusstsein? Das Muttersein.
“Das” als mein neues Ich.
Das sichtbare Ich.
Mutter. Von nun an Mutter.
Vom “Nur” zum “Auch” kann ein aufreibendes Ringen sein.
Mein Nicht-nur-Mutter-Ich will wahrgenommen werden.
Erst wurde es vom Mutter-Ich auf seinen Platz verwiesen.
Langes Ausverhandeln.
Dann wurde es vom Umfeld verschmäht.
Arbeitende Mutter, unverheiratete Mutter, studierende Mutter.
Mütterlicher Instinkt, mütterlicher Weitblick, mütterliche Liebe.
Mutter als das neue, alles definierende Attribut.
Mutter als die Erfüllung eines weiblichen Daseins.
Nicht-Mutter als Defizit.
Nicht-Mutter-Sein als Mutter? Denkunmöglich.
Denkunmöglich?
 

Hidden mother

How to hide a mother (“The hidden mother” via http://www.bbc.com/news/in-pictures-25000664)


 
 
Nachsätze
“Hinaus. Welt und Umgebung erobern”, das Sommer-Thema von umstandslos verstehe ich in diesem (meinem) Fall als ein Zurückerobern der Welt als Mensch – Muttersein dem Menschsein subsumieren und nicht umgekehrt.
In den vergangenen Jahren wurde mir in regelmäßigen Abständen bekundet, man könne sich mich nicht als Mutter vorstellen (was außer die Begrenztheit deiner Fantasie willst du mir damit mitteilen?), ich sähe nicht wie eine Mutter aus (einer Mutter ein Kompliment machen zu wollen und dabei Mutter-Sein abzuwerten ist eher daneben – vor allem weil’s ja auch wieder nur um Frauen*körper-Bewertungen geht) oder auch, es sei super, dass ich nicht in die klassische Mutterrolle gefallen sei (wrong on so many levels). Parallel dazu wurde mir das Muttersein in ebenso regelmäßigen Abständen gut sichtbar umgehängt – besonders im Arbeits- und Universitätsumfeld, wo ich Vieles, aber ganz bestimmt nicht Mutter bin. Ich will damit gar nicht sagen, mich als Mutter nicht verändert zu haben oder bestimmte Dinge anders zu bewerten. Aber: Das haben andere Vorkommnisse in meinem Leben auch bewirkt. Ich habe unterschätzt, wie unnachgiebig “die” Gesellschaft ist, wenn es eine Schublade gibt, in die sie Menschen stecken kann. Mutter-Lade auf, Frau* rein, Lade zu, fertig. Mir bleibt nichts anderes, als mich bei umstandslos-Autorin Frauke zu bedienen, die einst so passend Andy Strauß zitiert: “Deinen Augen entnehme ich, dass ich zu groß für deine Schublade bin. Stell mich doch einfach auf den Boden.”

2 Replies to “Einmal Mutter, immer Mutter?”

  1. c-cat sagt:

    DANKE! spricht mir aus der seele…

  2. krachbumm sagt:

    Ich frage mich immer wieder wenn ich alleine unterwegs bin, ob mensch mir die Mutter ansieht. Und das ist ja irgendwie auch ein sehr komischer Gedanke. Und wenn mensch sie mir dann nicht ansieht, frage ich mich, ob ich mich zurückerobert habe, oder ob es eben keine Schublade gibt.
    So gesehen in der Tanzschule beim Tanzlehrer, der ganz geschockt war, als wir bekannt gaben, wir müssten an nem andren Kursabend kommen, weil Gratis-Babysitter eher sonntags zu haben sind.
    Und dann ertapp ich mich wieder dabei, wie ich darauf warte, dass mich jemand unbedarft anspricht nach einer Runde head bangen zu Rage against beim Fortgehen (zwischen lauter 20-Jährigen, die mich vermutlich ohnehin als uralt wahrnehmen), und es dem jemand nur zu gerne unter die Nase reiben würde…aber irgendwie mehr so unter dem Motto “yes, I can!” (wenn mir bloß danach nicht 3 Tage das Kreuz weh tun würd…;-) )
    …aber “arbeitende Mutter” wiederum haß ich ganz doll. Und dann weiß ich auch bis heute noch nicht, was die sozial erwünschte (“richtige”) Antwort auf die Frage “Und wie geht’s dir jetzt als Mutter?” ist. Als der Kleine grade mal 3 Monate alt war, hätt ich da noch locker Reden schwingen können. Aber jetzt nach einem Jahr, einen neuen Studienabschluss später und einem halben Jahr 30-h-Woche hab ich nicht die geringste Ahnung, was mensch von mir erwartet? Trotz aller Zuschreibungen weiß ich immer weniger statt mehr, was unter dem Label “Mutter” zu verstehen ist oder was ich drunter verstehen will.
    Es kommt mir so absurd vor, als würde mich jemand fragen: “Und wie geht’s dir jetzt so in einer Partnerschaft?”

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