von Cornelia
“Elsa und der Bär”, Adrien Albert, Moritzverlag/Frankfurt, 2011. Vom Verlag empfohlen ab 3 Jahren; Originaltitel: “Cousa”
Es ist nur eine Phase – das Mantra unter den Mantren der Eltern. Ewig lang gezogenes Zur-Ruhe-Kommen im Bett war bei uns eine jener Phasen, die sich anfühlte wie der neue Dauerzustand. Ein Ritual, ein Plan, eine Strategie mussten her. Die Lösung hier war der Kauf des bezaubernd illustrierten Buches “Louises Luftballon” (Louise Heymans; Bibliothek der Provinz). Das “Gute-Nacht-Buch” war geboren. Zwischen Zähneputzen und Bett gibt es seit einigen Wochen für das zweieinhalbjährige Kind einen Stop am Sofa, wo ihm aus besagtem Buch vorgelesen wird. Das Besondere: Das Buch liegt nicht bei all den anderen Büchern im Regal, sondern an einer für das Kind unerreichbaren Stelle – es ist für den speziellen Vorm-Bettgehen-Moment reserviert. Rückblickend hat sich diese Idee als hilfreich herausgestellt, wenn es auch Phasen (!) gibt, während derer die Wirkung des “Gute-Nacht-Buches” zu wünschen übrig lässt. Sei’s drum.
Mittlerweile haben sich zu dem einen besonderen Buch drei weitere gesellt (Jeden Abend darf sich das Kind freilich trotzdem nur eines zum Vorlesen aussuchen. Ausnahmen bestätigten bereits die Regel): Da wären die Geschichte vom Mädchen im gestreiften Pyjama, das mit Wind-und-Wetter-Jacke, Nachtsichtbrille und Hase Frederick ausrückt, um dem Ungeheuer im Haus “dringende” Wünsche (Kuscheltuch verloren! Gute-Nacht-Milch vergessen!) vorm Schlafengehen zu erfüllen (“Kathi Braun und das Ungeheuer”; Cressida Cowell, Neal Layton; Boje) und die Geschichte vom Kind, das nicht und nicht müde ist und ganz genau wissen will, ob wirklich jedes Tier auf dieser Welt auch schlafen muss (“Schlaf wie ein Tiger”; Mary Logue; Knesebeck Von Dem).
Und dann ist unter den “Auserwählten” derzeit auch “Elsa und der Bär” (übrigens ein aus pragmatischen Gründen besonders dankbares Exemplar: Es ist kurz).
Es ist das Debüt des Illustrators und Kinderbuchautors Adrien Albert am deutschsprachigen Markt und derzeit leider sein einziges auf Deutsch übersetztes. In einem Interview hat Adrien Albert gemeint, er wolle kleine Geschichten erzählen und das gelingt ihm mit “Elsa und der Bär” ganz wunderbar.
Es ist die Geschichte von Elsa, die in den Ferien bei ihrer Großmutter ist. Während “die Jungen” (Brüder, Cousins) am Dachboden eine Miniaturwelt erschaffen haben und ganz sicher nicht vom kleinen Mädchen gestört werden wollen, hält auch die Großmutter tiefen Mittagsschlaf. Selbst die Katze mag nicht spielen und hat sich verzogen.
In ihrer Fadesse findet Elsa im Garten ein Schlupfloch im Zaun-Gebüsch und steht direkt am großen Fluss. Sie tapst ins kalte Wasser und wird dabei von einem Bären überrascht. Ganz nah kommt das riesige Tier, schnuppert an Elsas Ohr, fängt einen Fisch und verzieht sich wieder. Zurück bleibt ein beeindrucktes Kind. Beim Abendessen (es gibt Pommes!) stellt die Großmutter natürlich die Erwachsenen-Frage danach, wie der Tag war. Und Elsa gibt die Kind-Antwort: “Sehr schön.” Punkt.
So vieles an dieser kurzen Erzählung weckt Erinnerungen bei mir – und zwar solche, die eine_n sofort gefühlsmäßig in eine andere Zeit versetzen: das Nicht-Mitspielen-Dürfen, die Ferien-Langeweile, das verbotene Davonschleichen, das Daheim-Gefühl beim Abendessen nach einem langen Tag. Ausgelöst wird das alles aber weniger vom Text, der mich mit seinen Formulierungen auch nicht wirklich überzeugt und an einigen Stellen holprig und ein bisschen dürftig ist, sondern von den Illustrationen. Diese sind eine eigenwillige Mischung aus detailtreu und reduziert. So gibt es etwa acht Bilder von der Begegnung zwischen Elsa und dem Bären, diese unterscheiden sich neben dem Näherkommen des Bärs vor allem in der Mimik von Elsa. Das findet das Kind hier ganz aufregend und inspiziert die erstarrte Haltung, das zugezwickte Auge oder den aufgerissenen Mund ausdauernd. Und während ich am Ende jedes Mal über das “Schön” innerliche lächle, amüsiert es sich an einem Nebenschauplatz der Mini-Konversation zwischen Elsa und der Großmutter: einer der Buben am Tisch unterhält die anderen nämlich, indem er sich die Pommes nicht in den Mund, sondern in die Nase steckt.
Unbedingt: Aufklappen!
[…] zum englischsprachigen Sammelband ‘The good mother myth‘, zum Kinderbuch ‘Elsa und der Bär‘ oder zu (kein Buch) Repräsentationen von Müttern in […]