von Eva
Die moderne Mutter ist scharf darauf, voll zu arbeiten. Sie hat mit Bestnoten studiert, sie will Karriere machen, sie liebt ihre Arbeit, sie zeigt gerne Ellbogen und ist ihren männlichen Kollegen haushoch überlegen. Um ihre Rente muss sie sich, als Hauptverdienerin der Familie, zum Glück keine Sorgen machen. Die Kinder sind in der Krippe gut untergebracht und werden von den Erzieherinnen optimal betreut. Gott sei dank für den Ausbau der Krippenplätze! Auch Abendtermine für die Arbeit passen wunderbar – dazu hat frau ja den Ehemann oder die Babysitterin. An den restlichen Abenden verbringt sie quality time mit ihren lieben Kleinen, immerhin ein, zwei Stündchen, die sie ausschließlich im entspannten Spiel ihren Kinderlein widmen kann. Nach dem Zubettbringen steht intensiver Austausch mit dem Partner auf dem Programm, bevor frau in einen tiefen und zufriedenen Schlummer fällt. Und erst die Wochenenden! Die verbringt frau abwechselnd auf spannenden Fortbildungen im vollen Einsatz für den Beruf und mit erfüllenden und lehrreichen Ausflügen mit der ganzen, glücklichen Familie.
Ich habe eine volle Stelle und bin Hauptverdienerin in unserer Familie. Ich liebe tatsächlich (meistens) meinen Beruf. Ich bin ab und an am Wochenende auf Konferenzen oder Workshops, und es stimmt, die machen Spaß. Ich bin froh über meine finanzielle Unabhängigkeit, und ja, ich bin froh darüber, dass ich für meine Kinder ohne Probleme Krippen- und Kindergartenplätze finden konnte, und dass meine Große in der Grundschule in die Nachmittagsbetreuung gehen kann. Ich bin dankbar, dass ich mit meinem Mann eine Beziehnung lebe, die nicht dem traditionellen: “Papa arbeitet voll, Mama bleibt zu Hause und versorgt die Kinder” entspricht.
Aber manchmal frage ich mich, ob wir wirklich in die richtige Richtung steuern, wenn das Leben aller Erwachsenen auf möglichst volle Berufstätigkeit gepolt wird. (Und das wird es in meiner Wahrnehmung: Z.B. wenn “bloß” halbtags arbeitende Mütter in der Zeitung als Problemfall diskutiert werden. Oder wenn Mütter und “Herdprämien”-Empfängerinnen schräg angeschaut werden, die die ersten Jahre nach der Geburt eines Kindes zu Hause bleiben wollen, um dieses zu versorgen.) Ist es wirklich so toll, wenn beide Eltern so wenig zu Hause sind, dass die Kinder fast den ganzen Tag in der Kita/Schule/Nachmittagsbetreuung bleiben? Dass das Zusammensein von Kindern und Eltern an Wochentagen sich auf Abendessens-Organisation, Essen, Zubettgehen beschränkt? Dass der Haushalt, das Einkaufen, die Steuererklärung in Hektik an den kurzen Abenden und am Wochenende organisiert werden müssen?
Speziell der Ausbau von Krippenplätzen kommt daher als eine Maßnahme, der Eltern Wahlfreiheit bescheren soll: Ihr wolltet schon immer beide Karriere machen? Nun habt ihr endlich die Möglichkeit! Aber ich habe nicht das Gefühl, dass wir eine Wahl haben, ob wir beide arbeiten gehen wollen oder nicht. Ich bin mir nicht sicher, ob wir mit nur meinem Einkommen wirklich über die Runden kommen würden. Mein unerfreulicher Verdacht ist, dass der Krippenausbau lediglich zementiert, was eh schon Realität ist: In vielen, vielen Familien müssen beide Eltern aus rein finanziellen Gründen arbeiten gehen. Sie haben nicht die Freiheit zu überlegen, ob nicht lieber eine/r von beiden zu Hause bleiben möchte, um sich um Heim und Familie zu kümmern.
Meine Mutter ist in den 70er und 80er Jahren tatsächlich lange Zeit wegen uns Kindern zu Hause geblieben. Trotzdem hat das Geld, das mein Vater (übrigens in ganz ähnlicher Position wie ich heute) verdient hat, ausgereicht, um gleichzeitig ein Haus zu bauen. Meine Mutter hat mit uns Ausflüge gemacht, gebastelt, gelesen, im Garten gespielt. Sie hatte einfach extrem viel Zeit für uns. Manchmal wünsche ich mir, dass ich auch soviel Zeit für meine Kinder hätte. Das sind die Momente, in denen ich mir ausmale, wie schön es wäre, für meine Kinder erstmal ganz zu Hause zu bleiben.
Also zurück zur BRD der 80er Jahre? Natürlich nicht! Aber ich wünsche mir, dass Eltern wirklich frei sind, ihre Familien nach ihren Vorstellungen zu gestalten. Die Konsequenz daraus, dass es doof ist, dass traditionell die Mütter gratis die Familienarbeit leisten, während die Väter Geld verdienen und dafür wenig bis nichts von ihren Kindern haben, sollte nicht sein, dass nach dem neuen Elternideal keine/r mehr Zeit für die Kinder hat. Vielmehr sollten Eltern sich den Luxus leisten können, dass z.B. sie sich trennen können und auch als Alleinerziehende noch gut leben können; dass beide Teilzeit arbeiten können; dass eine/r von beiden, unabhängig vom Geschlecht, nach der Geburt längere Zeit mit den Kindern zu Hause bleiben kann; oder natürlich auch, dass beide voll arbeiten können – wenn sie das gerne wollen.
Kinder Krippe (Ran)klotzen
21/04/2014
Familienideal Vereinbarkeit Vollzeiterwerbstätigkeit
Last modified: 21/04/2014
Tatsächlich ein schwieriges Thema.
Gerade in Bezug auf Altersarmut bei Frauen bzw. auch die Armut von Alleinerziehenden habe ich oft das Gefühl, dass Frauen sich in der Gegenwart nicht genug Gedanken machen, wie es alleine gehen könnte bzw. wie es später werden soll.
Denn meistens verdient der Mann mehr; deswegen macht es ja mehr Sinn, dass er Vollzeit arbeitet und die Mama gar nicht oder nur in Teilzeit.
Und zack, ist man in dem System drin.
Und verharrt eventuell auch länger. Und ist hart getroffen, wenn es doch zu einer Trennung kommt.
Eine Freundin hat sich neulich getrennt und kommt dank ihres Jobs finanziell gut selbst über die Runden – und viele, viele Mütter aus ihrer KiTa Gruppe haben gefragt, wie sie das gemacht hat und wie das alles ging, weil sie eigentlich auch unglücklich sind und sich trennen würden, wenn sie wüssten wie.
Und während die einen das absolut “unromantisch” finden, in einer Beziehung mehr oder weniger finanziell unabhängig zu bleiben, denke ich das Gegenteil: Wenn man zusammenbleibt, weil man sich liebt, ist das doch viel schöner, als wenn man bleibt, weil man alleine nicht recht durchkommen würde.
Ich glaube schon, dass wir alle die Freiheit haben zu wählen. Unsere Familie irgendwie nach unseren Wünschen zu gestalten.
Natürlich kann keine(r) alles haben. Aber wir haben eine Wahl und können Entscheidungen treffen.
Dass wir nicht alle, ob als Paar oder Alleinerziehende, die Chance haben so viel oder so wenig Zeit mit unseren Kindern zu verbringen während wir so viel oder so wenig arbeiten wie wir wollen mit zeitgleich so viel oder so wenig Gehalt für die eine oder andere Möglichkeit die wir eben wählen, das ist Mist.
Das wünsche ich mir auch anders.
Aber das heißt noch nicht, dass wir dieses (viel Lohnarbeit) oder jenes ( volle Fremdbetreuung der Kinder) tun MÜSSEN.
Wir können uns ebenso für ein Leben mit Hartz IV und viel Zeit für unsere Kinder entscheiden.
Zum Beispiel. Drei Jahre “darf” Mensch sein Kind betreuen und wird nicht vom Amt in Lohnarbeit gedrängt.
Eine Möglichkeit ist das zumindest.
Wenn man in Sachen Karriere aufbauen bzw. auf dem Laufenden bleiben möchte, ist Hartz IV absolut keine Alternative. Und selbst wenn, wäre natürlich klar wer – in den meisten Fällen zumindest – wieder zu Hause bliebe und dieses Hartz IV bezöge: Nämlich die Mütter.
Ich finde Hartz IV ist keine schöne, ja, eigentlich gar keine Alternative. Eine Möglichkeit könnte dies zwar sicherlich sein, um sich rundum selbst um seine Kinder zu kümmern und immer für sie da sein zu können, jedoch viel mehr wenn es gar nicht anders geht. Somit sollte dies absolut vom Notfall ausgehend sein und darum würde ich es persönlich niemals, ‘Möglichkeit’ nennen. Man lässt es sich mal auf der Zunge zergehen:
‘Hartz IV als Möglichkeit.’, oder wahlweise, ‘Hatz IV als Chance.’ – Klingt recht gewöhnungsbedürftig in meinen Ohren. Wenn man dann noch den Zusatz, ‘…um sich um seine Kinder ausreichend kümmern zu können.’, hinten dran setzt, (und das trifft ja leider durchaus zu), klingt es sogar recht bitter. Und da wären wir wieder bei der Realität angekommen: Es ist nichts weiter als bitter. Insbesondere für Kinder und deren Mütter.
Danke für die interessanten Kommentare. Bin mir selber manchmal unsicher, wie sehr meine Unzufriedenheit, die im Artikel zum Ausdruck kommt, nicht doch Jammern auf hohem Niveau ist. Vielleicht haushalten wir auch zu schlecht mit unseren Mitteln? Mein Eindruck ist dennoch, dass es – aus welchem Grund auch immer – seit meiner Kindheit schwerer geworden ist, eine Mehr-Kind-Familie mit nur einem Gehalt gut durchzubringen. Entsprechend wird diese Option immer unattraktiver. Klar könnten wir uns mit Hartz IV durchschlagen, dann würden uns aber sicher viele Möglichkeiten im Alltag eingeschränkt (von wegen, mal in Urlaub fahren; bio einkaufen; spontane Geschenke).
Ich stimme Miss S. zu: Großes Minus der eine/r-bleibt-zuhause-Option, selbst wenn mensch sie sich im laufenden Geschäft leisten kann, ist die Altersversorgung. Bei uns ist das ein Thema für meinen Mann, da er reduziert arbeitet. Ich finde es ein unschönes Gefühl, dass ein Ende unserer Beziehung für ihn eine ziemlich miese Situation im Alter nach sich ziehen würde.
Aada, ich schrieb ja- nicht alles ist möglich.
Natürlich-und da habe ich von Anfang an zugestimmt- ist es Mist dass nicht alles zusammen geht. Also viel Zeit und viel Geld. Wäre natürlich der Optimalfall.
Ich spreche davon dass es eine Möglichkeit ist. Und unbestreitbar ist es das.
Ob das bitter ist oder nicht liegt zum einen im Auge des Betrachters/der Betrachterin und auch wenn im jeweiligen Blick “bitter” als Beschreibung zutrifft so mindert das nicht die Wahl/die Möglichkeit die diese Option (auch) darstellt.
Richtig einiges ist nicht drin- Urlaub, Bioeinkäufe etc sind nicht “mal eben so” möglich.
Aber anderes ist möglich was sich zum Beispiel mit einem Vollzeitjob nicht realisieren lässt.
Ich spreche hier nicht von besser ist schlechter. Nur wiederspreche ich deutlich wenn es heißt “wir hätten keine Wahl”.
ICH habe diese Wahl getroffen. Ich habe mich ganz bewusst dazu entschieden in den ersten Lebensjahren meines Kindes zu Hause zu sein.
Weil ich das so will. Weil es sich für mich stimmig anfühlt. Und das empfinde ich keinesfalls als bitter.
Für mich!!!
Liebe Wortmutter, danke für deine ehrlichen Worte. Ich weiß nicht, ob du das überhaupt hören willst, aber ich finde, deine Wahl für mehr Zeit fürs Kind und weniger Geld verdient Respekt. Ich bin oft traurig, weil ich wenig Zeit für die Kinder habe. Ich glaube, da machst du tatsächlich was besser als ich.
Zu meiner Situation: Ich arbeite an der Uni mit befristeter Stelle. Langzeitziel ist eine Professur, aber die sind heiß begehrt. In meiner Disziplin gibt es kaum andere Optionen als Professur. Andere Leute ohne Kinder (oder die konsequenter Kinderarbeit an ihre Partner delegieren) können viel mehr Zeit in ihre Veröffentlichungen, Konferenzen, Netzwerken stecken als ich. Entsprechend fühle ich mich so, dass ich wenig Möglichkeiten habe: Wenn ich nicht so viel wie geht für meine Arbeit mache, werde ich vielleicht am Ende trotz aller Arbeit, die ich bis dahin reingesteckt habe, auf der Straße sitzen. Und hopps ist es mit meiner gefühlten Freiheit, mehr Zeit mit meinen Kindern zu verbringen.
Liebe wortmutter,
ich wollte selbstverständlich nicht Ihr Geschriebenes hart kritisieren. Es ist ja gesellschaftlich in der Tat so, dass es so gesehen wird, wie von Ihnen beschrieben.
Und auch Ihre Entscheidung respektiere ich im höchsten Maße! Nur finde ich es traurig, dass für manche nicht die Wahl bleibt. Wir Mütter leisten ja auch alle etwas. Wir bleiben dann nicht einfach nur zu Hause und da ist mir persönlich die Sprache sehr wichtig. Das wollte ich unterstreichend nur noch einmal dazu gesagt haben.
Nach meiner Auffassung haben Sie da vollkommen Recht. Ich hätte das vielleicht besser in Worte fassen sollen.
Liebe Grüße,
Aada
Es ist tatsächlich eine Abwägung: auch wenn man sich für Hartz IV entscheidet und jetzt mehr Zeit für die Kinder hat, steht man auch im Alter schlechter da – und lastet den Kindern eventuell dann die Sorge auf, dass sie sich noch um die Eltern mitkümmern müssen, vor allem finanziell.
Dann kann man natürlich hoffen, dass diese das bis dahin leisten können und wollen.
Das Problem verschiebt sich halt dann – und wird eventuell auch unangenehmer.
Ist halt die Frage, womit man die Kinder eher belasten möchte; dass sie halbtags oder einige Stunden in die Kita gehen oder später die prekären Eltern mitversorgen.
Und auch das ist eine Entscheidung, die man treffen kann. Generationenvertrag: ich habe mich um dich gekümmert, als du klein warst – jetzt kümmerst du dich um mich.
Trotzdem finde ich es ganz wichtig, mehr über “später” nachzudenken – weil wir alle alt werden und das Thema bisher einfach zu kurz kommt. Betrifft einen halt erst in 30 Jahren.
Liebe Eva, ich verstehe deine Beweggründe total. Und finde diese auch keinesfalls verwerflich.
Ich möchte betonen dass es mir mitnichten um eine Wertung der einen oder anderen oder ganz anderen Option geht.
Was ich für mich (als die Person die ich für mich allein bin) und für mich als Mutter entschieden habe ist MEIN Weg, der für mich richtig ist,den ich aber keinesfalls als allgemeingültig ansehe.
Es geht mir hier wirklich um was anderes….
Und zwar, Miss S., steht das auch keinesfalls im Wiederspruch zu dem was Du kommentierst.
Ich würde auch nicht sagen dass ich zustimme, aber wiederspreche auch nicht.
Vielleicht werde ich in sog. Altersarmut leben.
Ob ich dann “schlechter” dastehe steht auf einem anderen Blatt.
Und für mich verschiebt sich auch kein Problem. Ich schiebe nicht etwa jetzt etwas aus meinem Blickfeld dem ich mich dann später stellen muss und von dem ich dann überrascht werde.
Und ob ich ganz persönlich mehr oder weniger über später nachdenke (als wer?) das weißt Du ja garnicht.
Aber auch um all das geht es nicht, all das habe ich nicht geschrieben und auch nicht aus dem Auge verloren.
Nur am Rande- Ich mache mir vermutlich so viel oder so wenig Gedanken wie Du. Nur haben wir offensichtlich andere Ansätze, Prioritäten etc.
Aber nochmal das, was ich aussagen möchte ganz konkret (zumindest versuche ich es):
Ich kann mich entscheiden. Du kannst Dich entscheiden. Wir alle…
Wir müssen uns doch alle irgendwann (und irgendwie auch immer wieder) entscheiden was wir wollen. Im Leben so ganz allgemein, in einer bestimmten Situation usw.
Ich überlege mir also was ich will, wohin ich will, was mein Ziel ist. Dann schaue ich was nötig ist um das zu erreichen, welche Konsequezen ich dafür tragen müsste, was ich investieren müsste, was ich aufgeben müsste, welchen Weg ich dafür nehmen müsste usw.
Wenn das Ergebnis dieser Überlegungen dann ergibt- “scheiße all das ist mir zu viel/zu anstrengend/zu unsicher/zu weit weg” etc. dann muss ich neu überlegen, umplanen, oder bleiben wo ich bin.
Das heißt doch aber nicht, dass ich diese Wahl nicht hatte.
Manche Entscheidungen oder Wege sind radikal. Aber wir haben ja zu jedem Zeitpunkt in unserem Leben die Wahl unser Leben radikal zu verändern.
Es gibt ja nicht DEN EINEN Weg. Nicht nur die Option an der außerhäusigen Karriere zu basteln, für eine (vermeintliche) Sicherheit im Alter zu sorgen und so.Ich kann mich dazu entscheiden ab morgen in eine Kommune zu ziehen in die ich kein Bargeld investiere, sondern meine Leibeskraft so weit wie meine Konstituion oder mein Kind oder, oder, oder das zulassen.
Ob ich das will, das ist eine andere Frage.
Aber genau das ist es worum es mir geht- Die Frage ist zu jedem Zeitpunkt die nach dem was ich will.
Für mich ist das ehrlich gesagt ein Luxusproblem. Ich kenne es nur so, das beide Eltern arbeiten, das war in der DDR einfach so. Die Zeit, die man mit den Kindern verbracht hat, war doch dann für beide Seiten umso wertvoller. Mein Vater war aufgrund der Seefahrt monatelang nicht heim, ich habe mich dann nur umso mehr gefreut, wenn er es dann war. Das kann man nun sicher nicht auf alle Kinder übertragen, einige wären da traurig gewesen, aber ich kann mich daran nicht entsinnen.
Sicher gibt es immer einen besseren Weg oder es wäre schöner wenn… aber so wie es ist, ist es doch gut. Zumindest in Deutschland hat man objektiv betrachtet die Wahl, wie bereits oben beschrieben. Das ist in vielen anderen Ländern doch überhaupt nicht gegeben.
Ich finde in diesem Zusammenhang die Frage spannend, wie sich die Organisation von (Lohn)arbeit entwickelt hat und ob feministische Forderungen umgesetzt wurden/werden. Ich würde sagen in den 70er und 80er Jahren war Teilhabe an Erwerbsarbeit und raus aus der sogenannten “Hausfrauenehe” von /für Frauen eine der wichtigsten emanzipatorischen Forderungen. Die Erwerbsbeteiligung von Frauen ist in den letzten Jahrzehnten gestiegen, aber ist damit Emanzipation einhergegangen? Emanzipation durch Erwerbsarbeit (und das damit verbundenen Geld) hat die stattgefunden? Oder wird sie stattfinden, wenn dann endlich alle Kinder betreut sind und die Vereinbarkeit ideal umgesetzt werden kann?
Die meisten Frauen arbeiten derzeit Teilzeit und Teilzeitarbeitsplätze sind nunmal oft so bezahlt, dass sie nicht existenzsichernd sind (und noch dazu immer häufiger so gestaltet, dass sie auch nicht mit Kinderbetreuung zu vereinbaren sind) – d.h. sie tragen nicht ausreichend zu Unabhängigkeit und Existenzsicherung (im Alter) bei. Zwei Mal Vollzeit arbeiten plus Kind/er ist meines Erachtens kaum zu schaffen oder nicht erstrebenswert, weil eins dann nur noch durch den Alltag hetzt. D.h. Familien suchen Kompromisse und die sehen in fast allen Fällen so aus: Mann arbeitet voll Frau arbeitet gar nicht oder Teilzeit.
Es wurde zu einer weitverbreiteten und anerkannten politischen Forderung: (Vollzeit)Arbeitsplätze für Frauen/Mütter + Kinderbetreuungsplätze zu schaffen (niemand spricht von den Vätern, die scheinen mit diesem Thema nichts zu tun zu haben). Ich habe aber den Verdacht, dass es den Fordernden nicht unbedingt um Emanziaption und Selbstbestimmung geht, sondern eher darum, möglichst viele Tätigkeiten in einen Produktionszusammenhang, in einen monetären Zusammenhang zu bringen. Es geht darum das BIP oder andere Wirtschaftskennzahlen zu steigern – Emanzipation (von Frauen) hat damit wenig zu tun, sonst müssten die Fragen in einem anderen Kontext diskutiert werden. (Umverteilung von unbezahlter Arbeit, Gender Pay Gap, Arbeitszeitverkürzung oder überhaupt das Infragestellen von Vollzeitarbeit, Umsetzung eines Grundeinkommens etc.).
[…] ‘Top Girls’ nennt Angela Mc Robbie das aktuelle Frauenbild in der sogenannten ‘postfeministischen’ Gesellschaft, die gern behauptet, dass bereits alle Forderungen des Feminismus erfüllt seien und dieser deswegen nicht mehr gebraucht werde. Die Figur des Top Girls scheint Beruf, Konsum, Sexyness und hyperweibliches Auftreten problemlos in sich zu vereinen – und muss dafür auf Kritik an politischen Verhältnissen und einer weiterhin ungleichen Geschlechterordnung verzichten. Die etwas ältere Version dieser Figur ist meiner Meinung nach die ‘Top Mom’, die die traditionelle Hausfrau und Mutter als Leitbild heute abgelöst hat. Die Top Mom scheint nicht nur alle weiblichen Attribute (Schönheit, etc.) zu erfüllen, sondern schafft auch noch ganz nebenbei beruflich erfolgreich und eine liebevolle Mutter zu sein. Dass das in der Realität nicht so wunderbar klappen kann, wie das Ideal vorgibt, ist wohl wenig überraschend. Dazu gab es jüngst zwei gute Texte, die vor allem die Erwartung kritisieren, dass junge Mütter möglichst sofort wieder Vollzeit arbeiten sollen – wodurch allein einzelne Frauen in die Verantwortung genommen werden, nicht etwa Politik oder Arbeitgeber. Einer stammt von Eva auf ‘umstandslos’ und behandelt ‘Kinder, Krippe (Ranklotzen)‘: […]
@ berit: Natürlich könnten unsere Lebens-/Wahlmöglichkeiten schlechter sein. Andererseits könnte es auch besser sein: Z.B. dadurch, dass der Wohlstand in Deutschland stärker so verteilt wird, dass Menschen mit Kindern freier wählen könnten, welches Arbeits-, Zeit-, Familienmodell sie leben wollen. Mir geht es auch nicht so sehr darum, ob das für die Kinder schöner ist (das hängt sicher an deren speziellen Familien und Betreuer_innen), sondern eher darum, dass ELTERN den verständlichen Wunsch nach viel Zeit mit ihren Kindern oft nur unter ziemlich hohen Kosten umsetzen können.
@ feministmum: Danke für die gut auf den Punkt gebrachten Gedanken. Derartige Überlegungen standen auch hinter meinem Beitrag, wenn ich’s auch nicht so schön formuliert gekriegt habe. Unter dem Deckmäntelchen der Emanzipation scheint es mir bei politischen Reformen wie der Ausweitung der Kinderbetreuung um eine Produktivitätssteigerung zum Zwecke der deutschen Wirtschaft zu gehen, oder vielleicht um demographische Überlegungen (oh nein, die Deutschen könnten aussterben) – statt um bessere Bedingungen für Familien und speziell Mütter .
@Eva Ein schöner Traum. Sieh dir nur die Diskussionen um den Solidaritätsbeitrag an um zu sehen, wie sehr die Menschen bereit sind zu verzichten damit es anderen besser geht. Ganz abgesehen davon, dass unser Wohlstand doch auch nur auf den Mißständen anderswo in der Welt beruht und damit mMn nicht haltbar ist.
Ganz ehrlich, ich arbeite 30 Std., also Teilzeit vollzeitnah, habe dadurch Zeit mit den Kids, mal mehr mal weniger, weil ich lange und kurze Tage habe, dadurch habe ich aber auf Arbeit noch so viel Zeit, dass ich einen eigenen Verantwortungsbereich habe. Ich freue mich auf die Kids an den kurzen Tagen, genieße die Zeit mit Ihnen, an den langen sind sie gut betreut in der Kita, einmal holt sie mein Mann ab, wenn auch erst spät, weil er auch noch pendelt. Dann essen wir zusammen Abendbrot. Ich sehe die Kita aber auch nicht als “Notlösung”, weil ich keine Zeit habe, auch den Papa nicht! Ich sehe sie als Dorf, ein Raum für Kinder, gerade am Nachmittag haben sie dort Spielkameraden und geschützte Räume um sich im Freispiel auszuleben… Unsere beiden gehen jeweils seit sie 14 Monate sind in die Kita. Es tut ihnen gut, sie lernen dort ne Menge! Sie werden doch dort nicht nur aufbewahrt, es kümmern sich ausgebildete Pädagogen um sie, eine Menge Spielkameraden sind auch dort und in unserer Kita lernen sie auch noch Chinesisch und eine fremde Kultur kennen! In unserer gemeinsamen Zeit haben wir auch viel Spaß und auch als Familie zusammen genießen wir das Leben zu viert oder auch mehr, wenn die erweiterte Familie ins Spiel kommt! Wer sagt, dass Kinder nur die Mutter brauchen?! Sie brauchen eine Gemeinschaft, in der sie sich willkommen fühlen!