Kirby und das magische Garn

von Eva
Kirby und das magische Garn
Videospiele sind ja nicht jederfraus und jedermanns Sache, aber Kirby und das magische Garn ist wirklich ein sehr unterhaltsames, schön designtes und süßes Spiel. Wer sie nicht kennt: Kirby-Spiele gehören zu Nintendos Klassikern. Die Hauptfigur ist Kirby, eine quietschrosane Kugel mit rundlichen Armen und Beinen, die leicht an Kaugummi erinnert. Kirby wohnt im Traumland und muss dieses in den verschiedenen Spielen retten. Unterwegs erkundet sie unterschiedliche Gegenden (es gibt z.B. Wüsten, Unterwasserwelten, Wiesen, Tortenlandschaften), sammelt dabei Diamanten und muss verschiedene Gegner_innen umrunden oder ausschalten. Meist setzt sich Kirby zur Wehr, indem sie ihre Gegner_innen einsaugt und dabei deren Zauberkräfte übernimmt – dann kann sie zum Beispiel Feuer speien, wie ein Ufo fliegen oder sich in einen Stein verwandeln.
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In diesem Spiel ist das ein bisschen anders. Denn Kirby wird gleich zu Beginn von einem bösen Zauberer in eine Figur aus Wollgarn verwandelt und durch Zauberkraft ins Stoffland verfrachtet. Dort trifft sie auf Prinz Plüsch, dem sie hilft, das Stoffland zu retten, indem sie das magische Garn findet, um die Teile dieses Landes wieder zusammenzunähen.Da Kirby nun selbst aus Garn besteht, kann sie ihre Gegner_innen nicht mehr einsaugen und daher auch nicht deren Kräfte übernehmen. Stattdessen hat sie als Waffe eine Mischung aus Peitsche und Lasso (aus rosa Garn), mit der sie ihre Gegner_innen einfangen und zu Wollknäueln aufrollen kann. Denn natürlich bestehen auch die Gegner_innen hier aus Garn, der Hintergrund aus Stoff. Mit dem Peitschen-Lasso kann Kirby auch Reißverschlüsse aufziehen, Stoffe raffen oder Aufnäher abziehen. Mit Hilfe solcher Tricks schafft sie es, möglichst viele Edelsteine einzusammeln, lustige Möbelstücke für ihre Wohnungseinrichtung zu finden, und natürlich die Bosse am Ende jedes Levels zu besiegen. Und am Ende ist – wie nicht anders zu erwarten – das Stoffland wieder geflickt und Kirby kann in ihre Heimat, das Traumland, zurückkehren.
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Das Spiel ist optisch wirklich sehr schön. Die Stoffhintergründe, die Garnversion von Kirby und ihren Gegner_innen, die kleinen verspielten Details, wie sich Kirby durch die verschiedenen Levels bewegt. Der Reiz besteht in der Herausforderung, die schönsten Edelsteine zu erwischen, über Abgründe zu springen ohne abzustürzen und versteckte Schätze zu finden. Wenn Kirby doch einmal abstürzt, stirbt sie erfreulicherweise nicht, sondern kehrt sofort (unter Verlust von Edelsteinen, leider) an die vorhergehende Position zurück. Das Spiel mag auch meine sechsjährige Tochter sehr gerne, die sich schon durch die meisten Levels durchgearbeitet hat. Als echter Fan hat sie sogar ein Kirby-Kuscheltier. Und während es viele Spiele gibt, deren Eignung für Grundschulkinder ich kritisch sehen würde, fühlt sich dieses sehr harmlos an. (Klar, damit ist nicht gemeint, dass Kinder unbegrenzt Zeit vor dem Bildschirm verbringen sollten.)
Wer hat den Fehler in meiner Rezension gefunden? Richtig, Kirby ist keine “sie”, sondern ein “er”. Wie bei so vielen Videospiel-Helden ist Kirby eben genau das: ein Held, keine Heldin. (Hier ein aktueller Artikel zum Thema: http://bitchmagazine.org/article/gaming-the-system-female-video-game-characters. Zahlen zum Thema finden sich hier: http://radford.edu/~mzorrilla2/thesis/gamerepresentation.html.) Protagonistinnen sind in der Welt der Videospiele in der Minderheit. Frauen kommen am ehesten als Prinzessinen vor, die gerettet werden müssen (Princess Peach bei Supermario) oder als aufgesexte Figuren (Lara Croft). Die maue Begründung dahinter ist wohl, dass angeblich vor allem Männer Videospiele spielen, und dass die damit überfordert seien, weibliche Charaktere zu spielen. Entsprechend finden Spiele mit weiblichen Hauptfiguren keinen Absatz und werden erst gar nicht produziert. (Hoffnung macht dagegen der neuere Trend, dass sich Spieler_innen ihren Charakter selber “bauen” können: Z.B. in Saints Row 4 kann das komplette Erscheinungsbild inklusive Geschlecht selbst gewählt werden.)
Von Frauen oder Mädchen, die gerne Videospiele spielen, wird dagegen anscheinend erwartet, dass sie sich damit abfinden, männliche Charaktere zu spielen, und damit, dass es keine starken weiblichen Identifikationsfiguren gibt. Meine Tochter meinte bis vor Kurzem noch, Kirby sei ein Mädchen. Irgendwann habe ich ihr gesagt, dass es “der” Kirby ist. Sie wollte es mir anfangs einfach nicht glauben. Vielleicht hätte ich besser meinen Mund gehalten.
Kirby und das magische Garn, entwickelt von Good-Feel und HAL Laboratory, herausgegeben von Nintendo für die Wii 2011
Fotos © by Nintento

5 Replies to “Kirby und das magische Garn”

  1. ich dachte immer kirby wäre ein neutrum, ‘das kirby’ O.o 😀

  2. Berit sagt:

    Kirby ist, was auch immer man es sein lassen will. Ich sehe auch keinen Grund dafür, Kirby ein Geschlecht zuzuordnen.

  3. Anne sagt:

    Es gibt auch Spiele mit starken Frauenfiguren, Geheimakte Tunguska fällt mir spontan ein. Und Elaine aus Monkey Island..zwar nicht die Heldin und nicht spielbar, aber trotzdem sehr tough! Oder Final Fantasy XIII, das aber ansonsten ziemlicher Kitschmist ist. Man muss leider ein bisschen suchen, aber es gibt sie!
    Und Kirby ist für mich völlig geschlechtslos. Falls er doch männlich ist: immerhin rosa und nicht hellblau!

  4. Keria sagt:

    Warum war es dir wichtig, deiner Tochter zu sagen, dass Kirbi maennlich ist, was waren eine Beweggruende? Wer entscheidet, was Kirbi ist? Kann nicht jedes Kind fuer sich entscheiden, was Kirbi ist? Ich mache manchmal das Gegenteil, ganz bewusst die Geschlechter der Hauptcharakteren austauschen (sprachlich) und abwarten, wie die Kinder reagieren. Die Diskussion, weshalb ein bestimmter Charakter maennlich oder weiblich wahrgenommen wird, und ob das wirklich so sein muss oder nicht auch anders sein koennte, find ich immer wieder spannend.

  5. Eva sagt:

    Genau das habe ich mich auch gefragt: wieso habe ich es nicht beim ‘die kirby’ belassen? Ich weiß ehrlich gesagt nicht mehr genau, was ich in der Situation dachte. Meine Tochter lässt sich aber, seit sie lesen kann, auch nicht mehr über sowas im Dunkeln lassen. Ich neige Außerdem dazu, es auch gegemüber ihr zu äußern, wenn mich so eine Jungs/Mädels-Sache nervt, z.B. nur Jungsunterhosen mit Dinomotiven, keine für Mädchen. Ich bin mir aber nicht sicher, ob es nicht insgesamt besser wäre, wenn ich meinen Ärger für mich behalten würde.

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