Krippenblues

Wie jetzt?

von Katja

Begonnen hat es mit einer Puppenecke. Eine Puppenecke mit Kücheneinrichtung in einer nicht so tollen Kinderkrippe, gegen die ich mich sowieso entschieden hätte. Überall sonst sind mir keine besonders geschlechterspezifischen „Ecken“ aufgefallen. Aber wertgelegt hat in unserer Odyssee nur eine einzige Kinderbetreuungseinrichtung drauf, auf den gendersensiblen Umgang.
Allerdings war mir das dort dann schon wieder etwas übers Ziel hinausgeschossen: Väter-Backnachmittag. Meine Kritik: Wenn eine Kinderkrippe sich schon mit gendersensibler Pädagogik als Aushängeschild schmückt, nehm ich mal an, dass die Eltern ohnehin versuchen Küchendienste unter sich aufzuteilen. Ergo wird durch das spezielle Väter-Backen der Papa in der Küche noch mal extra hervorgehoben. Quasi nicht normal, für alle Kinderleins der Super-Gender-Eltern, denen der Unterschied vielleicht vorher nicht so aufgefallen wäre. Vielleicht auch nicht. Mein Eindruck jedenfalls.
Bei ein paar Krippen haben wir nachgefragt, wie das denn so ist. Wo denn die Jungs und Mädchen so spielen, und ob die sich irgendwie „naturgegeben“ auseinander dividieren.

Colorful toy trucks parked together in rows
Foto (c) Horia Varlan / Flickr (Creative Commons Lizenz)

Die Antworten waren meist so zwischen „Hm, hab ich noch nie genau drüber nachgedacht“ und „Momentan spielen grad alle Geburt, weil zwei Kinder Geschwister bekommen“. Aber sie tun halt wie sie wollen. Rahmenbedingungen werden bis auf die eine Krippe nie mitberücksichtigt. Und ich trau mich auch schon nicht mehr fragen, irgendwie. Und denk mir, ob es wirklich „schadet“ wenn mein Kind in der Krippe „männlich“ sozialisiert wird. Zumindest über Autos wird J. von seinen Eltern sicher wenig lernen. Wir sind da beide mehr so Typ „grau, von A nach B, 4 Räder“. Außerdem achten wir ziemlich darauf, dass uns J. bei den jeweiligen Putzdiensten und beim Kochen beobachtet. Da er momentan noch einen relativ kleinen Radius hat, ist das ziemlich einfach. Ein halbes Jahr mit mir hat er ohnehin schon hinter sich, nun ist der Vater ein halbes Jahr dran mit Karenz.
Klingt ausgewogen für uns. Aber das sind nur 12 Monate. Was ist mit JAHREN der Sozialisierung in Kinderkrippe, Kindergarten, Schule. Im Alter von 0 -2 tut sich da ja angeblich am meisten, vom Einlernen her. Und ich will ihm ja auch gar nicht die Entwicklung einer Geschlechtsidentität wegnehmen. Irgendwie muss sich mensch ja zuerst mal identifizieren, um sich dies dann später immer wieder reflektieren zu können, dekonstruieren zu können oder sich für was gänzlich anderes zu entscheiden. Denk ich halt.
Aber. Aber zwei Dinge liegen mir schwer im Magen: Die männliche Sozialisation der Raumnahme und die Sprachlosigkeit. Ich frage mich, wie groß mein Einfluss darauf ist, wieviel Raum J. einmal beanspruchen wird. Eltern von Kindern, die immer eins auf die Nuss kriegen, werden schnell mal alarmiert oder können versuchen ihr Kind darin zu stärken, sich nicht alles gefallen zu lassen. Was erfahren Eltern von Kindern, deren Kinder sich geschlechterrollenkonform verhalten und dabei nicht übers Ziel hinausschießen? Z.B. Jungs die Mädchen ärgern, indem sie ihnen bewusst Sachen wegnehmen, runterschmeißen oder Röcke aufheben. Läuft doch alles meistens unter „harmloser Spaß”. „Jungs machen das doch nur, weil sie in das Mädchen verknallt sind.“ Stichwort Verletzungsmacht bzw. Verletzungsoffenheit. Das will ich nicht. J. soll weder ein Bully noch ein unreflektiert übergriffiger „Mann“ werden. Reicht das, wenn wir als Eltern mit ihm solche Szenarien besprechen? Kann mensch nicht schon „früher“ ansetzen bei so etwas? Wie kommuniziere ich einer unreflektierten Pädagogin, die keine Ahnung hat, was dabei das Problem sein soll, dass ich möchte, dass sie mein Kind darauf ansprechen soll, wenn es sich genau so verhält, wie das „halt so ist“?
Und diese Sprachlosigkeit, die mir bei männlich sozialisierten Menschen so viel öfter begegnet. Dieses Unvermögen sich schwerwiegende Problemlagen einzugestehen und Hilfe zu suchen. Ich sehe zwei wichtige männliche Freunde aus Kindheitstagen vor mir. Der eine bringt sich und einen andren Verkehrsteilnehmer mit Anfang 20 um. Der andre zündet sukzessive das halbe Dorf an, bis mensch ihn stellt und einsperrt. Gewalterfahrungen beim ersten vermutlich. Trennung beim zweiten. Ich sehe diese zahlreichen Männer im näheren und entfernten Bekanntenkreis, die sich schrittweise ertränken, anstatt zu sprechen. Ich sehe die Männer, die im Vinzidorf in Graz wohnen und tagsüber am Bahnhof lungern. Unfähig gewesen, jemals Hilfe zu suchen, anzunehmen, zu sprechen über eigene Schwächen. So lange bis sie ganz unten angekommen sind. Ich sehe diese zahllosen gebeutelten jungen Burschen, die ihren Haschischkonsum schon lange nicht mehr nur hin und wieder zum runterkommen brauchen, die sich zudröhnen, bis der Kopf platzt und nicht bloß wegen der Pubertät. Ich sehe die Rebellen, die Klassenclowns und Obermacker jeden Tag im Zug auf dem Weg in die Schule. Posen, Sprüche klopfen, Outfit ist alles, Hauptsache cool. Nur Masken, nur Fassaden. Dahinter Sprachlosigkeit. Wie bewahre ich J. davor? Wann fängt dieses Männlichkeits-Hierarchie-Gegrunze eigentlich an?
krippenblues_2
Was kann eine Kinderkrippe dazu beitragen? Was können wir als Eltern tun? Ich werde die männliche Sozialisationsmaschinerie nicht stoppen können. Irgendwann wird sich J. vermutlich in einem Hierarchiesystem einordnen, das von heteronormativen Werten bestimmt wird. Da ändert eine gendersensible Kinderkrippe, in der eh kein Platz frei sein wird, auch nicht viel.
Aber wie können wir als Eltern altersgerecht zumindest Forderungen/Wünsche/Bedenken an die PädagogInnnen dieser Einrichtungen stellen? Immerhin wird J. dort doch viel Zeit verbringen.


Foto (c) Katja

Wer eine Erfahrung zum Teilen oder einen Ratschlag hat, ein Buch kennt oder einen Trick kennt, um mit dem beschriebenen Problem umzugehen, der melde sich bitte in den Kommentaren. In 14 Tagen findet sich an dieser Stelle der Ratschlag eines*r Experten*in.

17 Replies to “Krippenblues”

  1. pitz sagt:

    Warum gehst Du denn so stark davon aus, dass die Erzieherin unreflektiert ist/keine Ahnung hat? Oder ist das nur mein persönlicher Eindruck nach dem Lesen?
    Meine Erfahrung ist, dass es sich lohnt, abzuwarten, sich die Menschen anzuschauen, mit denen frau so zu tun hat und sich mit dem anderen Elternteil darüber auszutauschen. Im Zweifelsfall ist mir eine unreflektierte, liebevolle Person, die mein Kind z.B. ans regelmäßige Trinken erinnert und es Tischsitten lehrt, immer lieber als eine, die reflektiert ist, aber diese Basics nicht hinkriegt. Ich denke, dass die Hauptverantwortung ganz klar bei den Eltern liegt – je subtiler der Lerninhalt, desto mehr liegt er in der Verantwortung der Eltern. Wie rede ich mit dem Kind, über Gefühle, Konflikte, eigenes Erleben? Wieviel kann ich erzählen, ohne dem Kind zuviel zuzumuten? Werde ich im Rollenspiel auch mal das Geschlecht wechseln, und wenn ja, wird das im Spiel/aus innerer Freiheit oder aus pädagogischen Gründen passieren? Werde ich ansprechbar bleiben, auch wenn ich total wütend bin? – Das sind so die Fragen, die mir vorschweben und die ich wesentlich wichtiger finde.

  2. Kaho sagt:

    Ich kann diese Gedanken gut nachvollziehen. Sicher sind Eltern und Bezugspersonen wichtige Vorbilder, aber die Erzieherinnen und Erzieher sind es ebenso und da fallen mir in der Kita meiner Kinder auch immer Dinge auf, die mich ähnlich zum Nachdenken anregen. Viel zu selten sagen die Erwachsenen etwas, wenn die Kinder unter sich auf rosa als Mädchenfarbe hinweisen, die Jungs nicht zu tragen haben, obwohl mein Sohn diese Farbe sehr mag. Zu häufig wird der Zopf oder die bunte Hose eines Jungen extra kommentiert… nett gemeint als Ermunterung, die aber doch signalisiert, dass es etwas ungewöhnliches ist. Ich würde mir auch wünschen, dass die Kita mehr reflektiert, warum es meistens die Jungs sind, die als “Rabauken” in der Gruppe auffallen, sich hauen, Stress machen, während die Mädchen bei solchen Gesprächen keine Erwähnung finden. Eine kleine Anregung zum Nachdenken für die Kita ist vielleicht Prinzessin Tim, ein Theaterstück für Kinder ab 2. http://www.prinzessin-tim.de/

  3. krachbummk sagt:

    Liebe @Pitz, ich gehe deshalb von aus, weil das die Erfahrung ist, die ich bislang gemacht habe, wenns nicht Waldorf oder DIE gendersensible Kinderbetreuung war. Alles andre in unsrem Umkreis (und da ist nicht viel) ist von der Betreuung her entweder grundsätzlich schon so schlecht, dass ich mein Kind nicht mal 2 Stunden da lassen würde, und die letzte Kikri der Stadt (nach Schreiben des Artikels) hat mir endgültig den Rest gegeben. Da hat schon sonst auch viel nicht gepasst, aber da hatten wir echt in jedem Raum eine richtige Küchenecke + Puppenwagerl+Registrierkassa+Bügeleisen+Esstischchen und im restlichen Raum waren die Werkbank, Formel 1 -Zeugs und sonstiges klassisches Bubenspielzeug verstreut – wirklich überall (hallo geschlechtsspezifische Raumnahme). Andre Angebote wie Tücher, Schachteln, Malsachen, irgendwelche Materialien waren weggeräumt im Schrank. Wenn die Erzieherinnen hier (und das ist jetzt mein Vorurteil) schon so wenig Fantasie haben, dass sie 1 – 3jährigen Kindern zutrauen, einfach mal mit “irgendwas” zu spielen und schauen, was dabei rauskommt, und stattdessen ihnen gleich nur die Erwachsenenwelt in Miniaturversion anbieten, dann mag ich gar nicht mehr diskutieren mit denen. Und dann mag ich mir gar nicht mehr ausmalen, was das heißt, wenn das Kind hier 2 Jahre verbringt oder 3 und dann noch ebenso viele im angeschlossenen städtischen Kindergarten. Von 5 Gruppenräumen waren alle 5 komplett gleich gestaltet. Niemand ist scheinbar auf die Idee gekommen, dass mensch auch mal was umstellen oder was andres herräumen könnte. Darum auch das Vorurteil.
    Da ist was dran mit der liebevollen Person. Wir haben auch noch eine andre Variante im Auge, da ist das in der Tat so, und das passt auch für uns Eltern. Aber auf Dauer ist diese Art der Betreuung nicht leistbar, das kann maximal ein halbes Jahr Übergangslösung sein (wegen der Kosten).

  4. minulinu sagt:

    Puh, haben wir ein Glück. Ich bin nicht ganz so gendersensibel aber zumindest aufmerksam und habe mir für unseren Großen eine Krabbelgruppe gewünscht, die ihn Kind sein lässt und eben (noch) nicht Junge. Wir sind jetzt Teil einer Elterninitiative und haben nur eine Gruppe. Tadaa < Lösung! Unsere Erzieherinnen leben selbst gerne befreit von Geschlechtsdruck, wenn auch sie ein reines Frauenteam sind (bringt der Arbeitsmarkt leider so mit sich). Die Räume sind eher der Spielintensität zugeordnet, können aber jederzeit umgenutzt werden. Die Erzieherinnen bestimmen, wann welche Spielzeuge angeboten werden und die Kinder verteilen sie großzügig. Mir fällt jetzt erst auf, wie wenig dort geschlechtsbezogen erzogen wird…es ist eben eine Art großes Team, dass da miteinander den Tag verbringt.
    Durch die Struktur der Elterninitiative sind wir als Eltern in sehr vieles mit eingebunden und haben ne Menge Extraarbeit. Sei es das Essen, das von uns eingekauft werden muss, Notdienste bei Krankheitsausfällen im Team, Organisation von Feiern, Finanzierung und Personal-Sachen: Das läuft alles über uns. Die pädagogische Richtung steht schon lange fest und wird vom Team ge-/erfüllt und ich persönlich vertraue den Frauen. Sonst wäre mein Sohn ja nicht da.
    Allerdings kann ich mir vorstellen, dass es in einer Kinderkrippe, die eben nicht in die Richtung geführt ist, schwierig wird, das Augenmerk der Erzieherinnen zu beeinflussen. Es bleibt ein sehr stressiger Job. Der Lärmpegel ist enorm und die Anspannung beim Flöhe-hüten nicht zu unterschätzen. Sicher kommen immer wieder Extraaufträge dazu (bei besonderen gesundheitlichen Erfordernissen oder bei schwierigen Hintergrundszenarien der Familien), da werden sich die meisten sicher nicht bedanken, wenn sich Eltern da einen anderen Filter oder gar eine andere Erziehungsrichtung wünschen.
    Ich bin gespannt, was die Expertin dazu sagt. Ich würde sagen, solange die Infrastruktur den Besuch einer gendersensiblen Einrichtung nicht möglich macht, ist es nicht möglich, dieses Dilemma heute zu lösen.

  5. juli sagt:

    also ich kann die sorge der authorin aus eigener erfahrung nachvollziehen. mein sohn geht in einen herkoemmlichen kindergarten. also auf gendersensibilitaet wird da nicht grossartig geachtet. er ist nun gerade vier geworden und geht mittlerweile in die mittlere gruppe. aber schon vor ca einem jahr, also gerade mal 3 geworden, gab es die ersten situationen und auesserungen seinerseits, bei denen ich mir sicher war, dass dasnur aus dem kindergarten kommen kann. denn selbst, wenn ich meine eigenen ansprueche bzgl der gendersensibilitaet habe, andere eltern haben diese vielleicht nicht und erziehen ihre kinder dementsprechend (nicht).
    hier nur einige beispiele. mit anfang drei konnte er beim shoppen schon identifizieren, dass roecke fuer maedchen sind und das in einem abfaelligen/laecherlich machenden tonfall. auch maedchenspielzeug wird schon seit langem sofort identfiziert und systematisch ignoriert, er kennt die namen der meisten superhelden (avengers & co), die ich als erwachsene teilweise noch nicht mal kannte, wenn ich ihn fruehs bringe, spielen die jungs und maedchen getrennt und wirklich klischeehaft (maedels mit dem schloss, der kueche, den puppen und die jungs mit autos, zug, lego oder irgendwie am rumtoben). ich glaube natuerlich nicht, dass die erzieherinnnen (der einzige mann dort ist der besitzer des kindergartens) dies mit absicht foerdern, aber sie unterbinden es auch nicht oder stellen genderneutrale alternativen zur verfuegung (malen, sport fuer alle, tanzen, lesen, musik). und das ist es, was in genderunsensiblen kitas fehlt. dieses aufzeigen von alternativen nach dem motto “es geht auch anders” oder es muss nicht immer 0815-klischeemaessig ablaufen. das krasseste bsp war fuer mich bis jetzt, als eine erzieherin den vater des kindes (wir sind getrennt und teilen das sr) darauf hinwies, ihm vielleicht in zukunft keine leggins oder strumpfhosen mehr anzuziehen, da er von den anderen jungs deswegen gehaenselt und maedchen genannt wurde. da war er noch 3!!!!!! was wird den kindern in dem moment gezeigt? bullying aufgrund der kleidung ist ok, maedchen als beleidigung ist ok, maedchen sind irgendwie minderwertig und wer sich “provozierend” kleidet, braucht sich ueber anschliessende diskriminierung nicht zu wundern. und diese ansage bekam ja in dem moment, in dem die erzieherin nicht einschritt, nicht nur mein sohn mit, sondern auch alle anderen jungs und maedchen aus seiner gruppe. wie waere es den kindern stattdessen zu erklaeren, dass es voellig ok ist, fuer einen jungen, leggins zu tragen (noch dazu weil es verdammt noch mal thermoleggins sind, die einfach mal viel unkomplizierter unter eine dicke schneehose gleiten, als eine jeans, die dann falten schlaegt und unbequem liegt)? oder warum kann die erzieherin nicht auf die unglaeubigkeit und fassungslosigkeit einiger kinder reagieren, als diese beobachten, dass mein sohn und ich uns zur begruessung, zum abschied oder einfach so auf den mund kuessen und dass dann lautstark und angeekelt kommentieren muessen.
    wer glaubt, dass es in der hauptverantwortung der eltern liegt, das kind auf solche sachen aufmerksam zu machen, unterschaetzt den einfluss der anderen kinder, der erzieher und der kita. viele kinder gehen ganztags in die kita (meines immerhin 9 stunden oder mehr) verbringen also viel mehr zeit dort als mit den eltern. und dann kommt es ziemlich schnell und frueh in kontakt mit der “echten welt”, mit geschlechtsspezifischem spielzeug, pinken braven maedchen und frechen wilden jungs und vor allen dingen, kindern aus genderunsensiblen, teilweise sehr normativen und konservativen elternhaeusern, betreuungspersonal, das ansonsten liebevoll ist und die grundlagenpedagokik beherrscht, aber fuer die eben das thema der gendersensibilitaet, etc…. teilweise bis komplett inexistent ist.
    Die Leggins traegt mein sohn nach wie vor aber gerade spielzeugtechnisch ist er so “jungsorientiert”, dass alles alternative oder maedchentypsche komplett abgelehnt wird.

  6. Katharina sagt:

    Für mich besteht der Trick darin, sich nicht gegen etwas zu stellen, sonder für etwas.
    Wir können unseren Söhnen durch unser eigenes Verhalten sowie ständige Ermutigung sehr wohl die Werte lehren: Rücksichtnahme, Mitgefühl, Einfühlungsvermögen. Wir können ihnen helfen, eine innere Kraft zu entwickeln, ein Selbstwertgefühl, das aus ihnen heraus kommt und nicht im Wettbewerb mit anderen entstanden ist. Dann “müssen” sie auch nicht andere verdrängen oder unterbuttern um selber gut da zu stehen.
    Indem wir von Anfang an Gefühle benennen – seine und unsere eigenen – lehren wir unsere Kinder, ihre eigenen Gefühle zu erkennen und zu benennen. Das ist der Anfang der Erkenntnis! Statt ein diffuses negatives Gefühlsknäuel im Magen zu haben hinzustehen und zu sagen: “Ich bin wütend. Wegen dem und dem und dem bin ich wütend” ist ein Anfang… und wer seine eigenen Gefühle erkennt, benennen kann und ernst nimmt, ist auch besser im Stande, die Gefühle anderer ernst zu nehmen. Dort fängt echte Empathie an.

  7. pitzpitzpitz sagt:

    Vielleicht leb ich hier auch ein bisschen in einer anderen Welt. Ein Beispiel: Eine der Krippenerzieherinnen war schon relativ alt und hat den Großteil ihres Arbeitslebens in der DDR zugebracht. (Sie hat auch schon die Einjährigen aus Töpfchen gesetzt, was ich für Schwachsinn halte – aber ok.) Sie war gleichzeitig ruppig und herzlich. Wenn die Jungs da zu wild rumgerauzt haben, hat sie dafür gesorgt, dass sie damit aufhören. In der Eingewöhnung meines Kindes habe ich mitbekommen, wie sie die früh manchmal müden Mädchen explizit angespornt hat, mal bisschen was loszumachen. Gleichzeitig haben die Jungen dort viel eher mit Autos gespielt und die Mädchen “mädchenhaftere” Spiele, und ich denke, das ging schon auch von den Erzieherinnen aus. Vielleicht liegen/lagen hier die Dinge durch den Ost-Hintergrund anders als in der früheren BRD und Österreich, zumindest bei den älteren Erzieherinnen. Damit will ich nicht behaupten, dass wir in der DDR krass die Gleichberechtigung hatten, die Dinge lagen nur einfach anders, und das zeigt sich vielleicht auch in den Kitas. – Wir selbst hatten damals aber vor allem damit zu tun, immer wieder mitzuteilen, welche Feuchttücher das Kind nicht verträgt und dass sie, wenn unsere Windeln alle waren, bitte nicht mit dieser und jener Marke aushelfen, sondern bitte eine andere nehmen sollen und lauter solchen Kleinkram – das stand riesig im Vordergrund.
    Die Geschichte mit den Leggings von @juli ist allerdings wirklich richtig krass. Von allen sexistischen Implikationen abgesehen ist es doch einfach vernünftig, Strumpfhosen oder Leggings anzuziehen – und wenigstens _das_ sollte doch ein Argument sein. Juli, habt Ihr da noch was unternommen?

  8. Katja sagt:

    @Katharina: Ja, da stimm ich dir voll und ganz zu, gerade was das Thema Sprachlosigkeit betrifft. Denn das werd ich mit und ohne Puppenecke vermutlich gar nicht anders bewältigen können. Ich finde, das Eltern viel zu oft ihre Gefühle verbergen und versuchen heile Welt zu spielen wo keine ist. Und irgendwann kommt dann dabei ein Kind raus, dass sich denkt, es muss ohnehin alles alleine schaffen, einfach die Zähne zusammenbeißen und über seine Probleme mit keinem/r sprechen, weil so macht mensch das halt. Alles unter den Teppich kehren.
    Bei der Raumnahme tu ich mir trotzdem etwas schwerer. Persönlich bin ich nicht grade ein Duckmäuschen, ebenfalls der andre Elternteil nicht. Und da kommt auch noch die männliche Sozialisation hinzu. Das fühlt sich für mich wie eine 3-fach “Vorbelastung” an.

  9. Berit aka Offensichtlich völlig ahnungslos sagt:

    Hallo Pitzpitzpitz, die Kindergärtnerin kommt mir stark wie meine eigene vor 😀 Ich bin ja auch noch in der DDR in den Kindergarten gegangen und kann deshalb einige der aufgezeigten Probleme überhaupt nicht nachvollziehen. Ich erinnere mich an im Sandkasten buddeln, sowohl mit Sandkuchen backen als auch mit Tunnel graben und dann Matchbox drunter fahren lassen…um dann alles mit großer Freude wieder einzutrampeln 😀 Gemalt und gebastelt wurde auch viel, und ansonsten haben doch ALLE Strumpfhosen getragen. Ist das heute nicht mehr so üblich?

  10. pitz sagt:

    In der Krippe haben sie alle Strumpfhosen angehabt, im Kindergarten nur die Kleineren (ich erinnere mich an das Gefühl, wie Brabax auszusehen). Bei unseren Kindern sind irgendwann Leggings eingezogen, besonders im Sommer sehr beliebt. Den anderen Kindern habe ich ehrlich gesagt noch nie groß auf die Beine gestarrt … äh, da muss ich einfach passen.

  11. glitzerine sagt:

    Puh, da bin ich schon sehr glücklich mit dem Kinderladen (nach einem Wechsel von unglaublich schlimmer, gewaltvoller Kita). Ich erlebe da wenig sichtbare Zuordnung, keine doofen Sprüche mehr, wenn ich allen Kindern auf Nachfrage Glitzerschmetterlingstattoos verpasse und merke da trotz gendersensibler Skepsis (noch) nicht viel negatives im Alltag. Alle Kinder werden regelmäßig angesprochen, sich an den verschiedenen Aktivitäten zu beteiligen, zurückzuziehen, über ihre Gefühle zu sprechen und zu lernen mögliche Gründe dafür zu benennen etc. Es gibt verschiedenstes Spielzeug (eher ohne MiniaturReproduktionsarbeitskram, da bin ich eher positiv überrascht von den abwechselnden Tischdiensten und der gegenseitigen Hilfe, wenn das mal ein Kind nicht so hinkriegt) und eher (von mir als nachvollziehbar befundene) funktionale Trennungen nach Lesen, Toben, Essen, Basteln/Tüfteln, Bauen usw. Die Kinder sind alle mal mehr oder weniger Tiger, Feldhase oder Rockstar, je nach Laune und mir ist eigentlich noch nie aufgefallen, dass die von Mädchen* und Jungen* anders genutzt werden. Aber die machen auch gelegentlich Kinderplenum und immer dann wenn ein Kind das grade wichtig findet… Kurzum, mich haut der Kinderladen oft (im positiven Sinne) um und ich bin v.a. sehr froh, dass mein Schwarzer Sohn auch einen Raum hat, wo die meisten Kinder of Colour/Schwarze sind. Komischerweise kamen jetzt aber beim Elternabend ganz schön heftige Aussagen und biologistischer Kram, Jungs seien von Natur aus wilder/lauter/temperamentvoller / einfach ganz anders als Mädchen blabla. Dann gab es ne kurze Diskussion bei der noch ‘ne andere Mutter und ich was zu Sozialisation pipapo gesagt haben, aber von einer “ich weiß es, weil ich das an meinen unterschiedlichen Kindern sehe/ älter bin als du/ selbst Frau/Mann bin “-Mehrheit erstickt wurden. Das hat mich echt geschockt. Und seitdem frage ich mich permanent, ob ich vielleicht trotzdem mal ‘nen workshop anbieten sollte oä., auch weil mir jetzt doch mehr auffällt. Und weil sie mich völlig ratlos angucken, wenn ich anbiete, mal Bücher mit nicht nur dünnen able-bodied /weißen/ hetero cis Menschen anzuschaffen etc.. Ich komm mir da häufig komisch vor (-> Ageism und so), polit. Bildungsarbeit zu machen bei Menschen, die durchschnittlich 15 Jahre älter sind als ich.
    Wie geht ihr damit um, wenn so ‘ne Sachen von Leuten kommen, die ihrem Selbstverständnis nach bereits im Team dafür sorgen, sich mit ihren eigenen Ängsten/Tabus/Vorurteilen und sowas wie Geschlechtskonstuktion, Sexismus und Rassismus kritisch auseinandersetzen und im Alltag auch nicht von der klassischen Rosa/Blau-Fraktion sind?
    Und auch die Frage, wie ich neben einer grundsätzlichen Wertschätzung vermitteln kann, dass ich trotzdem Kritikpunkte hab und Verbesserungsmöglichkeiten seh, ohne dass ich wie irgendein nerviger Chef klinge, der seine Mitarbeiter_innen ranzitiert und sandwichverpackt runterputzt.
    Das klingt nach oder ist neben den anderen Schilderungen vielleicht ein Luxusproblem, aber mich beschäftigt das wirklich sehr. Also, auch weil ich jetzt eigentlich das Gefühl habe, dass sie häufig nur bereit sind, sich so Dinge anzuschauen, weil sie mich mögen. Kennt ihr solche Situationen? Wie geht ihr mit sowas um?
    Ich bin da sehr ambivalent, weil ich einerseits denke, dass es schon vergleichsweise sehr schön ist und ich befürchte, dass die Stimmung krass kippt mit eher negativen Konsequenzen für alle und auf der anderen Seite denke, dass es vielleicht auch eine wahnsinnige Chance ist, auf vielem aufzubauen was schon läuft

  12. Berit sagt:

    Hallo Glitzerine, ich denke das wird hauptsächlich ein Problem der Kommunikation sein. Ich kenne nun leider deine Gruppe nicht, die sich erstmal ziemlich klasse anhört, aber denke, dass sie kleineren Veränderungen doch durchaus offen ggüber sind, so lange man sie nicht unter “Ihr liegt alle falsch und so ist es richtig” kommuniziert. Im Bereich der BWL nennt man das Change Management, vielleichet findest du da gute Anreize (http://www.umsetzungsberatung.de/kommunikation/change-kommunikation.php)
    Wie du bereits beschreibst, haben die anderen Eltern ja durchaus bereits ihre Erfahrungen gemacht und ich finde es vom menschlichen Standpunkt her durchaus verständlich, dass sich jmd weigert etwas zu verändern wenn seine/ihre Erfahrungen, ihm/ihr doch etwas besseres gelehrt haben. Wenn wir schon bei der BWL sind, kannst du dich hier auch zum Geben/Empfangen von Feedback belesen, was anderes liegt ja hier im Grunde genommen auch nicht vor (http://www.managerseminare.de/Datenbanken_Wissen/Feedback-richtig-geben-Die-fuenf-wichtigsten-Strategien,151290). Suma Sumarum: Nur Mut! Ich glaube an euch 🙂

  13. […] zwei Wochen stellte unsere Autorin Katja im Beitrag “Krippenblues” die Frage, wie sie mit der kaum vorhandenen Gendersensibilität in Krippen umgehen soll und doch […]

  14. Neresi sagt:

    In der Krippe, in die meine jüngere Tochter geht, wird das Thema “Geschlechter” auch so gut wie gar nicht thematisiert. Sie lassen die Kinder einfach machen und frei entscheiden. Mitmach-Angebote gibt es “für Eltern”. Punkt. Und ganz ehrlich: Das halte ich für das Beste! Natürlich bringen andere Kinder ganz andere Hintergründe mit, aber in dem Alter ist das wirklich noch nicht relevant, meiner Erfahrung nach. Bei meiner 6-Jährigen im Kindergarten ist das schon etwas ganz anderes. Da würde ich mir wünschen, dass Geschlechterrollen schon langsam mehr besprochen werden. Aber bei 60% Migrantenanteil haben sie dort noch ganz andere Probleme, die beginnen sprachlicher Natur und enden noch lange nicht da, wo Kinder aus streng patriarchale Familienkonstellationen kommen, wo Jungs alles dürfen und Mädchen nichts. Die Erzieher sind voll damit beschäftigt, da wenigstens ein bisschen entgegenzuwirken. Und es wundert mich auch nicht, dass sich unter diesen Umständen die Geschlechter sehr voneinander abgrenzen. Wobei es mich traurig macht. Aber sie geht noch nicht lange dorthin (nach Umzug), wir wussten das vorher nicht, und nun kurz vor der Einschulung lohnt sich ein Wechsel auch nicht mehr.
    Ich glaube, das klassische Jungs-und-Mädels-Gehabe beginnt in dem Alter, vielleicht etwas früher, so mit 4 ungefähr. Aber absolut nicht zwingend. Das ist auch das Alter, wo sich Kinder schon langsam komisch fühlen, wenn sie merken, mit den ihnen zugewiesenen Sparten, Rollen und Interessen nicht soviel anfangen zu können. In Kindergärten fände ich eine Entgegenwirkung deshalb absolut wichtig. Aber definitiv noch viel schwerer zu finden, vor allem jenseits von Großstadt-Zentren….

  15. krachbumm sagt:

    Liebe Neresi, ich persönlich finde gar nicht so sehr, dass es ums thematisieren von Geschlecht geht, sondern viel mehr um den Umgang der Kinderbetreuer_innen mit den Kindern – und dass sie das reflektiert tun und nicht a la klassischem Stereotyp, und auch dass die Rahmenbedingen wie Spielangebote so gesetzt sind, dass sich klassische Zuordnungen nur schwer finden lassen, weil es eben nicht nur Mädchen- und Jungsspielsachen gibt, sondern vor allem kreatives Zeug, das neutral ist, und die Fantasie anregt. Insofern, finde ich, dass das in jedem Alter relevant ist – vor allem in den sehr prägenden jungen Jahren. Dass sie sich dann irgendwann als Jungs/Mädchen “fühlen” und demenstprechend die anderen “blöd” sind, das find ich eh normal und ok. Aber nicht, wenn durch die Raumaufteilung zB männliche Raumeinteilung unreflektiert verstärkt wird, weil typische Burschensachen überall verteilt sind und eine kleine pinke Ecke als Alternative dient.

  16. krachbumm sagt:

    Nachtrag: Wir haben jetzt 3 Plätze in 3 Wunsch-Kinderkrippen bekommen – vor lauter Angst, wir kriegen überhaupt keinen Platz….

  17. haus-frau sagt:

    Hi,
    stress dich nicht zu sehr in Richtung Gendersensibilität, Kinder “werden” nicht, sie “sind”, das heißt, sie bringen ihre Anlagen mit. So kommt es auch, dass einige sehr feministisch orientierte Frauen in meinem Bekanntenkreis so “richtig typische Jungs” haben oder rosa-pinke Prinzesserl …. Doch was soll’s? Dein Kind ist dein Kind und du liebst es (hoffentlich) wie es ist. Der Einfluss der Kita-Tante ist verschwindend, der der “Kollegen” schon viel größer.
    Kontrolle über all die Einflüsse oder Übergriffe von Rundherum hast du nur, wenn du dein Kind selbst betreust, bzw. dein Mann oder deine Mutter (übliche Reihenfolge) das tut. Was in meinen Augen gegen frühzeitige Fremdbetreuung spricht ist, dass Kinder, die noch nicht sprechen können, sehr ausgeliefert sind und die Betreuer und wer sonst noch dort rumkreucht, das wissen … das find ich, sorry, ziemlich scheiße …
    Nett zum Anschaun zum Thema: https://www.youtube.com/watch?v=3OfoZR8aZt4&list=PLPPa8aTP2j2MPyEzYwqmCOMHLi1bmu95e an und

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